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Irgendwie bin ich jetzt einfach nur geplättet!

Nach all den heutigen Strapazen der Ungewissheit sitze ich bei geöffnetem Balkon - die Stille der Natur wahrnehmend - am Schreibtisch, um die letzten Stunden allmählich loszulassen.

Ich habe getan, was ich tun konnte. Nun liegt es nicht mehr an mir. Der Promotionsausschuss tagt morgen. Ab 14.00 Uhr könne ich mal bei Frau Treffer, die die Dekanin schon darauf vorbereitet hat, anrufen.

Was wäre ich ohne Frau Treffer? Schon einst, aber das schrieb ich ja bereits gestern, war sie stets hilfsbereit und darum bemüht meine Anliegen einer baldigen und vorteilhaften Lösung zuzuführen.

Ich habe ihr – wie früher – einfach mal was zum Naschen mitgebracht, schließlich war heute das Dekanat ja auch offiziell zu. Und seien wir mal ehrlich, säße jemand anderes an ihrer Stelle, so eine „sich-immer-an-alle-Vorschriften-haltende-Person“, tja, ... ich wäre nicht nur um einige gute Ratschläge ärmer, sondern hätte mein Anliegen bis zur morgigen Tagung gar nicht mehr rechtzeitig vorbringen können. Es ist aber jetzt – Dank ihr – als Tagesordnungspunkt aufgenommen.

Im Vorfeld galt es noch, meinen potentiellen Doktorvater aufzusuchen, bei dem ich nun schon die dritte Woche in Folge in die Sprechstunde kam, was - wer jemals vor Ort war, weiß es - heißt, mit mindestens einer Stunde Wartezeit verbunden ist. Entgegen meiner schlechten Eigenschaft, meistens zu spät zu kommen, war ich heute die Erste, die sich eine halbe Stunde vor Sprechstundenbeginn einfand, doch es dauerte nicht lange, da trudelten tröpfchenweise immer weitere Aspiranten des heutigen „vor-der-Türe-ausharren-Marathons“ ein.
Als die Sprechstunde dann offiziell beginnen sollte, kam Herr B. und bat um weitere 25 Minuten Geduld, da er noch mit einer Referentin zu sprechen hätte. Vor drei Wochen hatte er in ähnlicher Weise um einen halbstündigen Aufschub gebeten, wobei die Wartenden zu jenem Zeitpunkt mit sehr viel mehr Unverständnis als heute reagierten (vielleicht getraute sich aber auch bloß keiner etwas zu sagen, weil nahezu jeder, der ihn aufsucht, mit einem an ihn gerichteten Anliegen erscheint und sich durch eine evtl. Bemerkung, durch die er sich angegriffen fühlen könnte, natürlich nicht selbst in ein bedenkenswertes Licht setzen möchte) und ihrem Unmut ihm gegenüber auch laut äußerten. Ich möchte jetzt aber auch nicht den Eindruck erwecken, als würde sich Herr B. in seiner offiziell ausgeschriebenen einstündigen Sprechstunde eine genussvolle Zeit gestalten. Ganz das Gegenteil ist der Fall! Ich glaube durchaus, dass er jedem - und auch sich - gerecht werden möchte, er einerseits jedem die Zeit zukommen lassen möchte, die er benötigt, das Gespräch andererseits aber auch nicht ausarten lassen will, da natürlich noch andere bittstellend vor seiner Türe weilen.

Es war Frau Treffer, die mir gestern mitteilte, dass es hilfreich sei, wenn ich meinem Promotionsgenehmigungsschreiben ein „Unterstützungsschreiben“ seitens des Herrn B. beifügen könnte, in welchem quasi er den Promotionsausschuss, besser die Dekanin, die den Vorsitz inne hat, darum bittet, mir die Zulassung zu gewähren. Noch besser sei es, meinte sie, wenn Herr B. der Tagung morgen persönlich beiwohnen würde. Da ich ihm das nicht zumuten wollte, entschied ich mich für das Bittgesuch, mit welchem ich - auf Einlass wartend – noch immer (inzw. aber mit einer angereicherten Personenzahl, die auch auf sein Erscheinen hofften) vor der Türe saß. Da das Ganze einer gewissen Dringlichkeit unterlag, erlaubte ich mir, die Zeilen der Promotionsbefürwortung, die mir beim Ausschuss möglicherweise zu einer Zusage verhelfen, für Herrn B. zu formulieren, so dass er, wenn er sich damit einverstanden sähe, nur noch zu unterschreiben hätte. Problematisch an diesem Unterfangen war und ist aber meines Erachtens der Umstand, dass mich Herr B. so gut wie gar nicht kennt. Vor drei Wochen sah er mich glaube ich seit dem Jahr 2000 zum ersten Mal wieder. Schon zu Zeiten meiner Diplomarbeit, die ich im gleichen Jahr wie die Magisterarbeit anfertigte, hatte ich, trotz dass er sie betreute, kaum Kontakt zu ihm: Ich kam damals einmal in seine Sprechstunde, fragte, ob er mich betreuen würde und erschien ihm dann nur noch innerhalb der mündlichen Prüfung, die auch er durchführt. Ansonsten verlor ich mich im Wust der vielen Gesichter, die seine Seminare und Vorlesungen besuchten.

Mir diesen eben erwähnten Umstand vor Augen haltend, versuchte ich mich an seine Stelle zu denken. Was täte ich, wenn eine relativ fremde Person zu mir käme und mich bitten würde, für sie (schriftlich) beim Promotionsausschuss, der sich aus 35 Professoren rekrutiert, fürzusprechen? Heikle Angelegenheit!

Heikel auch insofern, als dass ich bereits letzte Woche bei ihm war und für die Studentenkanzlei ein kurzterminiertes Schreiben, das er zu signieren hatte, anfertigen musste, in welchem er meine Betreuung als Doktorvater bestätigte – und das auch unter dem eben erläuterten Umstand, dass er mich kaum kennt und wir die Themensuche hinsichtlich der Dissertation noch nicht abgeschlossen hatten.

In diesem Eindenken in seine Person empfand ich meine Bitte der Fürsprache wie eine Unterschrift auf einem Blankoscheck, die ich einer fremden Person sicherlich kaum gerne geben wollte.
Aus diesem Grunde fertigte ich eine, wie ich sie nannte, „Entsagung der Betreuung“ an, in der ich folgendes schrieb:


Sehr geehrter Prof. Dr. Günther B.,

bedingt durch die unbehagliche Situation, in die ich Sie aufgrund der bürokratischen Formalien, die ich zur Zulassung zur Promotion benötige, gebracht habe, möchte ich Sie mit diesem Schreiben – sofern Sie mit meinen Leistungen im Rahmen der noch nicht abgeschlossenen Vorbereitung hinsichtlich des Themas und der Gestaltung der Dissertation nicht zufrieden sind - davon entbinden, mich zu betreuen.


Als das Gespräch mit der Referentin beendet war und Herr B. seine Sprechstunde eröffnete, trat ich ein weiteres Mal (wie die beiden vorangegangenen Mittwoche) verschämt in sein Zimmer. Um nicht alles in epischer Breite zu erläutern, will ich versuchen, mich faktisch kurz zu fassen.

Ich kam, sah und siegte ...

Nein!!!

Ich kam, entschuldigte mich der bürokratischen Bedingungen wegen, die ein weiteres Erscheinen in dieser Bälde von mir – samt der schriftlichen Einforderung – verursachten und erläuterte die sachlichen Begebenheiten.

Um es ganz kurz zu machen! Ich bekam seine Unterschrift, wobei ich annehme (seine Äußerung: „Das finde ich aber wirklich lieb, dass Sie sich meinetwegen diese Mühe machen und auch an so etwas denken“ legt zumindest für mein Verständnis diese Vermutung nahe) dass in meiner „Entsagung der Betreuung“ der Schlüssel für sein Signet lag.

Soviel mal zu den universitären Belangen des Tages.

Bevor ich Frau Treffer aufsuchte (wir hatten uns relativ lose um 14:00 Uhr verabredet), hatte ich – nach dem Besuch bei Herrn B. noch etwas über eine Stunde Zeit.
Zeit, die ich dafür nutzen konnte, um Äpfel, Bananen, Käsekuchen und Kartoffelbrot, wie es Ralf mir aufgetragen hatte, für seine Mum zu besorgen.
Sie war sichtlich erstaunt, mich zu sehen, hatte aber nicht im geringsten irgendeinen Funken von Angst im Antlitz (wir trafen schließlich das erste Mal alleine aufeinander). Per SMS hatte Ralf mich heute morgen noch gebeten, den Franzbranntwein, mit dem sich seine Mutter täglich einzureiben hat, in eine vorteilhaftere Flasche umzufüllen, was ich natürlich gerne erledigte. Ich fragte seine Mutter, ob sie darüber hinaus noch etwas benötigen würde, aber sie meinte, dass sie alles hätte. Ich betonte ferner, dass sie, wenn sie zu irgendeiner Zeit etwas bräuchte, immer bei mir anrufen könne, ohne Scheu haben zu müssen.
Ihre Aussage, dass sie mit mir Kaffee trinken wollte, rührte mich, da ich das als ein Zeichen des Vertrauens deutete, obgleich ich durch die Terminierung mit Frau Treffer dafür keine Zeit hatte und nach einigen wenigen Minuten des Aufenthaltes vor Ort wieder so leise und unauffällig verschwand wie ich für sie sicherlich erschienen bin.

Sind es nicht diese vielen, kleinen Details, die ich hier leider nicht alle aufzuzählen vermag, die einen Tag zu einem Tag werden lassen?
 

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