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Pan

In einer, spätestens zwei Stunden werde ich die Rückfahrt nach Würzburg antreten. Wie viele Leben habe ich? Zwei Mal (vor Angst) sterben innerhalb so kurzer Zeit?! Kann das gut gehen? Mögen alle Götter dieses Universums schützend ihre Hand über mich halten!

Wäre gerne noch geblieben, da Hamburg mit so interessanten Veranstaltungen und Sehenswürdigkeiten lockt, heute beispielsweise mit dem 25. Hamburger Motorradgottesdienst, bei dem 35 000 Biker erwartet werden – ein gefundenes Fressen für mein motivhungriges Objektiv.

Egal, jetzt geht’s erst mal ums nackte Überleben!

Im Moment spüre ich einfach nur, wie sehr diese Woche an mir und meinen Nerven gezerrt hat, wie sehr ich ausgelaugt bin. Schreibe diese Zeilen mit letzten Kräften, bevor auch ich mich - wie der Pan, der heute Nachmittag glücklicherweise das Krankenhaus verlassen durfte – ins Reich der traumhaften Mitte begeben werde.

Heute Mittag hatte ich das Angebot einer Ärztin, bei einer weiteren Endoskopie des Pans mit dabei zu sein, ausgeschlagen. Im Vorfeld fragte sie mich, ob ich stark genug dafür wäre oder umkippen würde. So genau wusste ich es selbst nicht, aber nachdem ich mir das Prozedere habe erklären lassen, war mir klar, dass ich erst dann ins Zimmer geholt werden möchte, wenn der Schlauch bereits wieder draußen ist. Gesagt, getan.

Als ich den Pan so narkotisiert und mit entgleisten Gesichtszügen vor mir liegen sah, erinnerte er mich – und hierbei tut es mir leid, das an dieser Stelle in dieser Deutlichkeit sagen zu müssen - stark an meine geliebte Oma zum Zeitpunkt ihres Sterbens, worauf ich unmittelbar dachte, dass es gut und sinnvoll war, die Endoskopie nicht mit angesehen zu haben. Im Kurzgespräch mit einer Verantwortlichen hatte mich die Ärztin in meiner Ablehnung sogar noch bestätigt, indem sie sagte, dass sie bei nahe stehenden Personen auch niemals bei einer Magenspiegelung mit dabei sein wollte.

Bin beim Schreiben dieser Zeilen schon drei Mal eingenickt, deshalb nur ganz kurz die Fakten:

- Des Panes Blutwerte sind zwar nicht optimal, aber doch so gut, dass man ihn entlassen hat, wobei seine Eltern das gar nicht gutheißen

- Er ist noch recht schwach auf den Beinen

- Für die Medikamente, die er heute von der Apotheke geholt hat, hat er für 50 Euro zahlen müssen. Ich fand das Wucher, obwohl die Apothekerin selbst dafür natürlich nichts kann und darüber hinaus sehr zuvorkommend war

Muss jetzt echt ins Bett, sonst knallt mein Kopf noch auf die Schreibtischplatte.

Hätte - der Angst wegen - gerne darauf verzichtet, der Liebe wegen war ich froh, diesen Schritt gewagt zu habenNur kurz: es war so schlimm wie ich dachte, vielleicht sogar noch schlimmer. Ich weiß nicht, wessen Götter mir wohl gesonnen waren, aber sie haben mich (über)leben lassen. Denke, dass ich lieber zurücktrampe oder laufe, als solch einen Höllentrip noch einmal auf mich zu nehmen. Mein ganzes Leben zog an mir vorüber.

Den Werbtrailer konnte ich vor der Tür stehend leider nicht nachspielen, da ich dort kein Netzt hatte, dafür entschädigte aber das Strahlen in seinen Augen über alle Maßen.

Wer hätte gedacht, dass ich den Mut finde, die uns 523 trennenden Kilometer nach Hamburg zu fahren?! Ehrlich gesagt darf ich gar nicht großartig darüber nachdenken, weil es mir sonst vor Angst den Boden unter den Füßen wegzieht. Werde zwei von meinen drei Musketieren und zwei weitere Freunde von ihnen mit auf die Reise nehmen, um das für mich abenteuerliche Vorhaben nicht gänzlich alleine zu wagen. Ich hoffe wir kommen lebend an – die Frage stellt sich wirklich für mich!

Das wird die Fahrt meines (bisherigen) Lebens!

Sollte ich tatsächlich das anvisierte Ziel erreichen, werde ich einen Werbetrailer nachspielen: Ich rufe ihn – vor seiner Türe stehend – an (seit vorhin hat er endlich das Telefon frei geschaltet bekommen), um dann noch während des Gespräch ins Zimmer zu treten. Auf das Gesicht bin ich gespannt.

Das mit dem Telefon konnten sie bis jetzt immer noch nicht regeln. Er hat zwar eines beantragt, aber frei geschaltet ist es noch nicht – und das seit Stunden. Als mein Opa im Krankenhaus war, war das eine Sache von 5 Minuten. Telefonkarte beim Pförtner geholt, ins Telefon gesteckt – fertig! Keine Ahnung, warum sie das in Hamburg nicht auf die Reihe bekommen? Vielleicht gibt’s diese Leistung in der Hansestadt als Kassenpatient nur sehr zeitverzögert?!

Dafür weiß ich jetzt aber durch zwei kurze und verbotene Handytelefonate doch Näheres, nämlich dass seine Blutung geschlossen wurde und dass er viel Blut verloren hat, weshalb er auch so schwach war. Essen durfte er die ganze Zeit seit gestern nichts, bis vorhin um 18 Uhr, da bekam er eine Suppe, die ihm köstlich mundete („besser als jedes Steak“). Er fühlt sich jetzt auch wesentlich besser als gestern. Mit Glück kommt er angeblich schon morgen oder am Freitag raus, wobei mich seine Mutter eben ins Gebet genommen hat, ihm auf jeden Fall ans Herz zu legen, noch länger im Krankenhaus zu bleiben, schließlich sei er dort unter Aufsicht.

Ich kann dazu gar nichts sagen. Das Krankenhaus schickt einen doch definitiv nicht ohne guten Gewissens nach Hause, nicht im guten alten Deutschland, oder etwa doch? Die sind doch die Spezialisten! Und auf eigene Verantwortung möchte er ja auch gar nicht aus der Klinik. Andererseits ist er dort natürlich immer unter ärztlicher Kontrolle, bekäme feste und regelmäßige Mahlzeiten. Mahlzeiten, die der Erkrankung angemessen sind.

Ich schau mal, was ich machen kann. Vielleicht finde den Mut, so eine weite Strecke zu fahren. Das weiteste, was ich bisher zurückgelegt habe, waren 400 Kilometer. Zug wäre zwar die leichteste Variante, aber dann wären wir ausschließlich auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen, was ich in seinem jetzigen Zustand nicht möchte. Außerdem hatten wir mit dem Auto auch noch etwas anderes in Hamburg geplant.

Puuuhhhhhhhhhhhhhhh …

Ich bekomme wieder Luft, kann endlich wieder klarer denken, denn eben flog eine SMS vom Pan ein: „Schatz. Hatte gerade eine Endoskopie. Alles wird. Mir geht’s besser. ILD. Bin auf Station 6, Zimmer 19. Telefon kläre ich. Kuss vom Pan. Hab kaum noch Akku“

Es ist wirklich an Grausamkeit nicht mehr zu übertreffen, in solch einer Lage informativ ausgeschlossen zu werden. Datenschutz hin oder her! Dermaßen ausgegrenzt kam ich mir schon lange nicht mehr vor. Freue mich auf seine Stimme.

Dritter Anruf ins Leere! Jetzt kotzt es mich echt an. Ich mache mir Sorgen! Mein erster Versuch heute Morgen, bei dem ich hoffte, dass ich den Pan noch vor der Untersuchung sprechen könnte, läutete gänzlich ins Leere, später hatte ich zwar eine Schwester am Telefon, doch da war er bereits unterwegs zur Untersuchung. Und eben erfuhr ich, dass er zwar zurück wäre, aber von der Narkose noch nicht aufgewacht sei. Auf Nachfrage erhielt ich mal wieder meine „Lieblingsantwort“: „Ich darf Ihnen aus datenschutzrechtlichen Gründen nichts sagen“.

Super!

Bin gerade dabei, mich in den Weiten des Internets ein wenig über Magengeschwüre (Ulcus ventriculi oder duodeni) einzulesen und habe dabei auf der Seite der Berliner Charité folgende Info gefunden:

Ein Großteil der Magengeschwüre kann medikamentös behandelt werden. Dabei blockiert man die Magensäureproduktion, oder, - wenn Magenkeime wie Helicobacter pylori nachgewiesen wurden - erfolgt eine Antibiotikatherapie.

Ein bereits blutendes Magengeschwür kann man versuchen durch eine Magenspiegelung zu stillen. Gelingt dies jedoch nicht, ist häufig eine Operation unumgänglich. Abhängig von der Blutungsfläche genügt entweder das Herausschneiden des Geschwürs, oder aber ein Teil des Magens muss entfernt werden.

Ist das Geschwür bereits in die Bauchhöhle durchgebrochen, kommt es zu einer Bauchfellentzündung (Peritonitis). In solch einem Fall muss eine Operation unverzüglich durchgeführt werden. Diese Entzündung kann lebensbedrohlich werden, so dass deshalb ein Aufenthalt auf der Intensivstation häufig nicht zu vermeiden ist.


Nachdem das Magengeschwür vom Pan bereits blutet, denke ich, dass seine Verletzung nicht mehr in die „leichte“, wenn man davon überhaupt reden kann, Kategorie gehört. Inwieweit heute bei der Magenspiegelung die Blutung gestoppt werden konnte, weiß ich nicht. Ich konnte – mangels Wissen – ja keine gezielte Fragen stellen und darüber hinaus weiß ich auch nicht, ob man mir aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht mal wieder einfach die Aussage verweigert hätte.

Auf einer anderen Seite habe ich im Vorfeld übrigens gelesen, dass etwa zehn Prozent aller Geschwüre bluten und zehn Prozent der Blutungen tödlich enden, was meine Sorge ehrlich gesagt wieder aufleben lässt.

Ich bin echt froh, wenn er morgen die zweite Untersuchung hinter sich hat und wir dann Näheres wissen.

Ich habe mich geirrt: Privatpatient ist der Pan erst ab 1. August, insofern verweilt er also doch noch länger in der Notaufnahme. Aber ich konnte ihn jetzt wenigstens sprechen! Es hat mir einfach keine Ruhe gelassen, so gar nichts von ihm zu hören, weshalb ich von Penetranz durchdrungene Nervensäge erneut im Krankenhaus anrief und das Telefon zum Pan tragen ließ. Was für eine Wohltat, seine Stimme zu hören, durch die ich ungefähr einschätzen konnte, wie es ihm ging. Er sprach recht leise und erschöpft, so dass ich den Hörer ganz fest an mein Ohr halten musste, aber er sprach flüssig und konnte auch schon wieder ein wenig scherzen, was mich ein bisschen tröstlich stimmte.

Nachdem ihm vorhin – wie schon beim Arzt heute Morgen – der Kreislauf weggesackt ist, wurde er an ein Dauer-EKG angeschlossen. Am Tropf liegt er zudem. Die Leute seien aber alle TOTAL nett und das Zweibettzimmer SEHR schön. Morgen steht eine weitere Untersuchung an, nach deren Ergebnis sich auch die weitere Behandlung richte.

Mal sehen, was kommt! Ich versuche zuversichtlich zu sein!

Eigentlich gedachten wir am Donnerstag für vier Tage nach Österreich zu fahren, was ihm angesichts des ganzen Stresses sicherlich gut getan hätte. Klar, dass wir das irgendwann nachholen werden, doch jetzt habe ich den Kurztrip erstmal abgesagt, wobei das sicherlich das geringste allen Übels ist. Viel wichtiger ist, dass er wieder gesund wird.

Habe eben auch noch mal im Krankenhaus angerufen, um detaillierter nachzufragen, was das Magengeschwür betrifft, weil ich mir dachte, dass Magengeschwür natürlich nicht gleich Magengeschwür ist. Aus datenschutzrechtlichen Gründen konnte man mir aber nicht soviel sagen, außer dass es ein blutendes Geschwür ist. In der Notaufnahme liegt er deshalb noch, weil in dem Krankenhaus keine Betten mehr frei sind. Er läge zwar in einem Zimmer, aber Genaueres blieb mir wieder verwehrt.

In diesem Zusammenhang fällt mir gerade ein, dass der Pan seit einem Monat Privatpatient ist. Ob diese Tatsache wohl etwas an der Fürsorge, die man ihm in diesem Krankenhaus zukommen lässt, ändern würde?

Ob ich einfach noch mal anrufen und die Verantwortlichen darauf hinweisen soll?

 

twoday.net AGB

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