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Nicht von dieser Welt

Endlich bin ich nicht mehr alleine in dieser für mich noch ungewohnt großen Wohnung. Freitag - und damit Pan-Zeit. Seitdem ich Dienstag vom Jasmins Tod erfahren habe, war er – der Tod – allgegenwärtig. Tagsüber bedingte mein derzeit sehr stressiger Job zwar eine Ablenkung, doch spätestens dann, wenn ich zuhause war, wo mich Jasmins Todesanzeige mit Bild, die ich auch nicht von meinem Schreibtisch weglegen wollte, erwartete, überkamen mich diese bangen Gedanken. So sehr wie die letzten Tage habe ich mich in dieser Wohnung noch nie gefürchtet. Irgendwie ist heute – an dem Tag der Beerdigung - auch wieder ein Stück von mir gegangen. So allmählich zerfalle ich.

Denke ich genau ein Jahr zurück, eigentlich reichen ja schon acht Monate, lebt meine Oma, Sandra und natürlich auch Jasmin noch.

Die Beerdigung. Klar, es waren viele Italiener da. Insgesamt vielleicht 150 Personen. Ehrlich gesagt kann ich das alles noch immer nicht fassen. Ich spürte mich, nahm wahr, dass ich und diese Situation real war und doch schien es mir wie im Film. 1989 haben wir (Jasmin und ich) auf diesem Friedhof unsere gemeinsame große Liebe zu Grabe getragen. Er war damals 18, starb an den Folgen eines Verkehrunfalls. Jetzt liegt Jasmin in Blickweite meiner Oma. Vier Jahre habe sie mit der Krankheit gekämpft, sagte der Pfarrer. Toni, ihr Cousin, der sie zuletzt vor einem Monat sah, meinte, dass sie dann auch nicht mehr gewollt habe. Ihre Eltern saßen schweigend neben dem Grab, während sich die Einzelnen an der Ruhestätte persönlich von Jasmin verabschiedeten. Ihre beide älteren Geschwister standen regungslos und Fassung wahrend daneben. Beerdigungen sind einfach nicht von dieser Welt. Möglicherweise, aber das entzieht sich meiner Kenntnis, sind Menschen nur noch bei einer Geburt so nah an ihrem Gefühl dran, beruflich daran Mitwirkende – für sie ist es ja Routine - natürlich ausgeschlossen.

Meine Schwester meinte, dass sie noch nie einer so schönen Beerdigung beigewohnt habe, was sie vor allen Dingen der Handhabe des Pfarrers, der Jasmins Leben liebevoll nachzeichnete, zuschrieb. Wir, meine Mutter, meine Schwester und ich, waren so ziemlich die letzten, die ans Grab gingen, das heißt, dass wir auf dem Weg dorthin, einen Zwischenstopp einlegten, den Donatella, ihre Tante, dazu nutzte, mich namentlich zu sich zu rufen, um mich zu fragen, ob ich sie denn nicht mehr kennen würde. Toni hatte sie Halt gebend im Arm, weil der Kummer ihre jegliche Kraft nahm. Ich ging auf sie zu, umarmte sie, streichelte ihre Wange, bis es urplötzlich auch aus mir herausbrach, mein Körper zu zittern begann und ich mich nicht mehr halten konnte. Toni und Donatella umarmten mich beide. Donatella sagte „basta“ und Toni meinte, dass ich mich doch an die schönen Erlebnisse mit ihr erinnern solle. Und doch tat es einfach nur noch weh. Unbeschreiblich dieses Gefühl der Ohnmacht, das sich in Tränen reinzuwaschen versuchte. Damals war Toni immer nur „der kleine Toni“, der inzwischen natürlich längst zu einem ausgewachsenen Mann (33 Jahre) heranreifte. Und heute? Heute war er mein Held, in dem er mich an der Hand fasste und mich zum Grab begleitete, um Jasmin „Tschüß“ zu sagen. Ich kann nicht sagen, wie sehr mich diese Geste und zuvor auch die Umarmung von Donatella und Toni rührten. Da steckte so viel Liebe und Fürsorge darin – und das obwohl wir gar keinen Kontakt mehr miteinander haben.

... da möchte ich einfach nicht mehr sein.

Ist das nicht der total liebenswürdige Wahnsinn? Nach elf Jahren meldet sich heute morgen völlig unerwartet meine ehemalige Französisch- und Englischlehrerin, die vor zwei Jahren – wie ich Anno 1993 – nach Würzburg gezogen ist. Gut, Wertheim, der Ort an dem ich aufwuchs und zur Schule ging, ist zwar nicht wirklich weit von Würzburg entfernt (45 Kilometer), aber immerhin. Im Display erkannte ich eine ortsansässige Nummer. Ich war – wie fast jeden Morgen – wieder mal in Eile, wollte nur noch schnell, was bei mir relativ ist, meine Haare föhnen, ging dann wohl auch mit einer hektischen Stimme ans Telefon, um nach ihren begrüßenden Worten einfach nur noch perplex zu sein. Freudig perplex!

Der angebundenen Eile wegen (mein Pan fährt in Bälde mit dem Zug am Hauptbahnhof ein) nur die gestraffte Kurzversion:

Sie habe meinem Namen schon ein paar Mal in der Zeitung gelesen, wollte mich schon öfter anrufen, sei aber bis dato nie dazugekommen. Jetzt, wo sie über Zeit verfüge (sie macht gerade eine Chemotherapie und ist insofern krank geschrieben), wollte sie es endlich mal realisieren. So leid mir die Umstände des Anrufes auch taten, so sehr freute ich mich, sie zu hören. „Wie gut, dass ich nicht Müller heiße“, konterte ich anfangs noch ein wenig spaßig, bevor sie mir über den erneuten Ausbruch des Krebses Auskunft gab. Zur Erläuterung sollte ich vielleicht für die mich nicht mit vollen Namen kennenden Leser erwähnen, dass ich einen sehr exotisch klingenden italienischen Nachnamen habe, den es in ganz Deutschland nur dreimal - mein Vater, mein Bruder und ich. - im Telefonbuch gibt, aber das nur am Rande erwähnt. Ja, ich freute mich wirklich, sagte ihr das auch am Telefon, doch ich war sprachlich spontan leider nicht so vermögend, es in die passenden Worte des mich vereinnahmenden Gefühls zu kleiden. Für mich hieß ihr Anruf zweierlei. Erstens, dass sie sich nach so vielen Jahren noch immer an mich erinnert (man bedenke, wie viel Schüler sie wohl in all den Jahren noch begegnet sein mag) und zweitens, dass sie mich als Person zumindest ein bisschen wertschätzen muss, denn sonst gäbe es nicht den Hauch eines Grundes, sich bei mir zu melden. Ehrlich gesagt, aber das teilte ich ihr natürlich nicht mit, war ich erstaunt, auch wenn es sich wahrscheinlich blöd anhören mag, dass sie noch unter den Lebenden weilt. Ein ehemaliger Klassenkamerad, mit dem ich in sehr sporadischem Kontakt stehe, teilte mir vor einiger Zeit (ein paar Jahren) mit, dass es Frau J. gar nicht gut gehe, sie Krebs habe, sie deswegen auch von der einstigen Schule gegangen sei, was sie mir im heutigen Telefonat bestätigte. Ich weiß nicht wann, vielleicht letztes Jahr, als meine Mutter selbst an Krebs erkrankte, aber ein paar Mal fragte ich mich in der Vergangenheit schon, wie es ihr wohl ergangen ist, ob sie noch lebt, ... und dann heute dieser Anruf.

Erstaunlich finde ich auch, dass sie die wenigen Briefe, die ich ihr nach der Schulzeit von einem mehrmonatigem stationären Aufenthalt meinerseits geschrieben habe (bis heute wusste ich gar nichts mehr davon), alle aufgehoben und den letzten erst vor einigen Tagen erneut gelesen hat, wobei ich an dieser Stelle - um Missverständnissen vorzubeugen - hinzufügen möchte, dass mein Aufenthalt damals thematisch nicht ansatzweise etwas mit ihrem Krankheitsbild zu tun hatte.

Eigentlich war es ja nur ein Anruf und dann auch wieder nicht, da sie meinen Tag durch diese Geste mit etwas ganz Wertvollem bereichert hat. Ja, ich fühlte mich durch diesen Anruf beschenkt, weil sie meine Person wertschätzte, mich am Ende des Telefonats auch fragte, ob ich mit ihr einen Kaffee trinken würde.

Klar würde ich!

Und jetzt bin ich am überlegen, ob ich ihr – aus diesem wunderbaren Glücksgefühl heraus – nicht einfach eine Postkarte schreiben soll, um sie an diesem Gefühl, das sie selbst auslöste, teilhaben zu lassen.

Obwohl, jetzt werde ich es nicht mehr schaffen, ... der Zug des Pans, ich muss mich beeilen, mehr als das.

Vielleicht sollte ich doch in Therapie? Allmählich bewerkstellige ich mein Leben nicht mehr. Ich will es alleine leben können, will mich nicht mehr unterwerfen, aus Höflichkeit anpassen müssen. Immer ist es nie genug, was ich gebe. Warum sind die Menschen mit dem, was ich freiwillig (manchmal sogar nur aus schlechtem Gewissen heraus) gebe, nicht zufrieden? Ich will mich diesem Druck, nicht genügend zu sein, einfach nicht mehr aussetzen. Vielleicht sollte ich mich isolieren, mich dem allem entziehen, mich auf nichts mehr einlassen, gar nichts mehr geben, wieder im Internet leben, wo mir niemand zu nah kommen kann. Ich will nicht – und schon gar nicht mit nonverbal-emotionalen Methoden -, dass jemand etwas von mir einfordert.
Mein Schwachpunkt ist das schlechte Gewissen, das man mir sehr zügig und gut aufladen kann, wodurch ich aber viel zu leicht lenkbar bin. Mir ist das alles zuwider. Ich möchte auch mal in Leichtigkeit schwelgen können. Vielleicht bin ich ungerecht und unfair, weil ich mich mit meinem Anliegen selbst in den Mittelpunkt stelle, das sozial agierende Miteinander aber mindestens immer aus zwei Personen besteht? Ich weiß nicht, ob es so ist?! Wie auch immer, meines Erachtens kann es nicht der richtige Weg sein, seine eigenen gesunden Grenzen zum Wohl eines anderen zu übertreten, nur damit dessen aufkeimende oder existierende Traurigkeit reduziert bzw. dezimiert wird. So kann Leben nicht funktionieren!

Wer sieht bis zum Grund des dunklen Ozeans, wo der Morast der daseinsbedingten Prägung in den tiefsten Schlammschichten weilt, die das Ergebnis der verschiedenen Lebensbewälttigungsstrategien aufsummieren und insofern ein anderes Agieren verhindern?

Momentan habe ich das Gefühl, als verliere ich den Boden unter den Füßen.

Wo bin ich gelandet?

In unseren Breitengraden ist es schwierig, sich der kommunizierenden Konfrontation, zumal der Mensch als soziales Wesen darauf ausgelegt ist, zu entziehen. Von wenigen Ausnahmen abgesehen treffen wir täglich auf Menschen, mit denen es sich auseinanderzusetzen gilt, was ein Verstehen erforderlich macht.

Just dieses Verstehen ist es aber, das mir bei einigen Personen derzeit nicht gelingen will, weshalb ich zu hinterfragen beginne, warum Menschen sich verhalten wie sie sich verhalten. Irgendeine Intention muss ein (Re)Agieren doch haben?! Heute Mittag kam Peter aus der Produktion zu uns – Redaktion – herüber und fragte, ob wir eine aktuelle Tageszeitung hätten. Erklärenderweise sollte ich vielleicht erwähnen, dass sich genau vor unserem Büro zahllose bürden, aber da er ins Büro hineinkam, nahm ich sein Anliegen ernst und wollte ihm meine Ausgabe geben, wobei er dann aber ein x-beliebig andere, die ihn greifbarere Nähe lag, ergriff. „Der ist Producer“, meinte Thomas, die seien so. Was er bloß mit diesem „so“ gemeint hat?

Über Thomas bin ich derzeit sowieso etwas verärgert. Warum? Gestern morgen erschien mein erster Aufmacher auf der Titelseite. Ich hatte ihn am Freitag recherchiert und vorbereitet, fand ihn zwar nicht weltbestens, aber doch so, dass ich mich auf die gestrige Ausgabe freute. Noch am Freitag sprach ich mit ihm, da Kai nicht da war, ob alles so in Ordnung sei. Im Glauben, dass ich meinen Text original so wieder finden würde, las ich gestern Vormittag leider nicht nur einen etwas abgeänderten Text, sondern auch noch einen, in den, wenn auch sicherlich aus Versehen, Fehler hineinredigiert wurden. Als ich ihn heute Morgen darauf ansprach, erwiderte er in einem ironischen Unterton, dass im Zweifelsfall immer die Produktion die Schuldigen sein. Was meine Überschriften betrifft, die hätte er „verschönert“.

Was soll ich dazu nur sagen?

Eigentlich hätte Thomas am Freitag den Artikel über das Heißluftballonevent, das war das Thema der Geschichte, verfassen sollen, wobei er mich dann aber fragte, ob ich das nicht machen würde, was ich bejahte. Ein bisschen fühle ich mich jetzt ehrlich gesagt hintergangen: Nachdem ich mehrere Telefonate führte, meine diesbzgl. noch vorhandenen Wissensdefizite im Internet um sachliche Informationen bereicherte und den Artikel schrieb, „verschönert“ er - unabgesprochenerweise - mein Gedankengut. Ich will nicht über ihn schimpfen, aber korrekt und nachvollziehbar finde ich sein Verhalten nicht.

Davon abgesehen scheint das Wort „Freund“ ein subjektiv interpretier-dehnbarer Begriff zu sein, der, wie bereits weiter oben erwähnt, im Umgang miteinander Verständnis erfordert, wobei mir gerade heute in vielerlei Hinsicht die Nachvollziehbarkeit dafür verloren gegangen ist. Vielleicht liegt es aber auch an mir, da ich ein anderes als das sowieso nicht genormt vorhandene Weltverständnis besitze und ich mich deshalb vielleicht verfrüht aus dem Fenster der erschütternden Unbegreiflichkeit lehne? Die Grenzen zwischen dem, was sittlich noch tragbar und dem, was es übersteigt, mögen sicherlich fließend sein, während der Versuch, entsagte Liebe in Freundschaft zu leben, in Vorhaltungen und Vorwürfen mündet.

Der einzig verlässliche Halt ist mein Pan, mit dem ich am 29. diesen Monats unser einjähriges Zusammensein begehen werde, nachdem wir uns bereits im Sommer 2000 im Internet kennengelernt hatten.

Ein seltsames Wochenende bahnt sich – wieder mal viel zu zügig - seinen ausklingenden Weg. Schade, dass das Verhältnis von arbeitenden und freien Tagen kein Eigenzeit vorteilhafteres ist.

Meine „ich-will-niemanden-sehen-und-hören-Einstellung“, die bereits innerhalb der Woche aufkeimte, konnte ich auch am Wochenende nicht wirklich eliminieren, was einige Anrufer, die es leidlich versuchten, zu spüren bekamen, indem ihr Läuten personell unberührt im Nichts verhallte.

Mit meinem dual umziehenden Pan stand ich jedoch in nahezu steter Verbindung. Während er seine Osnabrücker Wohnung in einen Würzburger und einen Hamburger Teil zu zergliedern versuchte, beehrte ich dem nahezu bezugsfertigen Domizil in Würzburg einen weiteren Besuch ab, um mit dem Vormieter noch einige offenen Fragen zu klären und die Zimmer für die mobiliarstellenden Einzugsplanungen auszumessen.

Der Papierberg, der sich die Woche über auf meinem Schreibtisch ansammelte, liegt so gut wie unberührt und ungeordnet auf dem Platz, den ich ihm mit den Wochentagen zunehmend zugewiesen hatte, obwohl ich das Wochenende zum Abarbeiten nutzen wollte. Selbst die Volontärsmappe weilt in sich ruhend darauf.

Puhhh, ...

Es ist nichts und doch (für mich) viel! Vielleicht verfüge ich aber auch nur über ein sehr schwächliche Lebenskapazität, da andere immer so viel mehr zu leisten scheinen!?

Am gestrigen Tag nahm ich die Eröffnung des Drive-In-Schalters im E.a.T. photographierend wahr (Kai meinte, dass ich das doch tun könne, wenn ich sowieso so oft vor Ort sei), leitete erste Gespräche für einen weiteren Artikel im Kulturmagazin ein, versuchte im Internet klärende Informationen darüber zu finden, kam den üblichen Haushaltspflichten nach und gesellte mich gen Abend in die Stadt, bevor ich seltsamerweise völlig ermüdet davon nach Hause kam und unüblicherweise noch früher als unter der Woche einen Platz in meinen schlafbringenden Federn fand.

Der weckerlose Morgen verzückte mich zunächst mit Gelassenheit, bevor ich meinen Pan in unmittelbarer Bälde darauf zu vermissen begann, doch ich wusste, dass wir heute nicht sehr viel Zeit füreinander haben werden, da er mit seinem Vater und Schwager den Hamburger Teil seines Osnabrücker Inventars in die Hansestadt fahren würde.

Mich peinigt mein schlechtes Gewissen dem Pan gegenüber, weil ich ihm bei seinem Umzug nach HH nicht helfe. Zeitlich hätte ich es wohl irgendwie organisieren können, doch erstens habe ich Angst, die weite Strecke (400 km einfach) nach Osnabrück alleine mit dem Auto zu fahren und zweitens bin ich, hätte ich diese Furcht nicht, finanziell derzeit nicht in der Lage das zu realisieren, was der Leser mir nun glauben mag oder nicht.

Auch morgen, an des Pans 40. Geburtstag, werden wir uns nicht sehen können! Es ist erst meine dritte beginnende Arbeitswoche in dem Verlag. Klar, dass ich in diesem neuen Umfeld zunächst keine zeitliche Freistellung erbitte. Und da er wegen hausmeisterlichen Besuchs morgen in seiner „noch-Schlafstätte“ zu sein hat, im Anschluss die bereits als vergessenen bemerkten Gegenstände gen Hamburg transportiert und darauf folgend den elterlichen Geburtstagsbesuch in Münster leistet, was er übrigens gerne macht, bliebe für uns sowieso kaum Zeit, was wir aber am Dienstag, der Tag, an dem ich ihm auch seine geburtstägliche Überraschung, die in Hannover beginnt und vor Ort in Würzburg endet, vorbereitet habe, nachholen werden, wenngleich ich erst gegen Abend für ihn Zeit haben werde, da wir im Verlag Produktionstag haben und dort erst dann gehen können, wenn die Zeitung fertig ist.

Die Sonne lächelt mir von draußen entgegen. Die restlich verbleibenden Tagesstunden, die ich unter der Woche sowieso schon immer lichtverborgen verbringen muss, möchte ich heute aber dazu nutzen, sie, die Sonne, mich inspirieren und hautnah wärmen zu lassen, weshalb ich meinen Gedankenfluss an dieser Stelle bremsen werde, denn über ein Notebook, das ich gleichermaßen Sonne tankend mit nach draußen nehmen könnte, verfüge ich noch nicht.

Ohne Unterlass verstreichend ...Die Zeit zerrinnt mir zwischen den Fingern. Die gestrige Anfrage des Kulturverlags, für sie bis Freitag noch zwei Artikel zu schreiben, erweist sich aufgrund der Recherchen, die für das heutige Interview notwendig waren, als sehr arbeitsintensiv.

Eigentlich hatten mein Pan und ich geplant, uns bereits heute zu treffen, um die letzten Tage meiner „Freiheit“ gemeinsam zu genießen, wobei ich dieses Vorhaben nun aber auf morgen verschob, da ich momentan nicht wirklich unterhaltsam bin.

Ja, wenn alles nach meinen Vorstellungen verläuft, würde ich gerne beide Artikel bis morgen Abend fertig haben, was bei meiner geistigen Trägheit doch sehr in Zweifel steht.

Sollte mein Vorhaben sich aber – wider die eigene Annahme – als durchführbar erweisen, hätten mein Pan und ich zumindest noch das Wochenende, das ich von niemanden gestört wissen wollte, um sich wirklich einfach mal der Ruhe und Stille ergeben zu können. Ich kann mir sogar einen ganzen Tag im Bett vorstellen, was mein Pan und ich uns lose für Freitag auch vorgenommen haben, wobei wir einen Video-, Schmuse-, Faulenzer- und Spieltag einzulegen gedenken, damit wir am Samstag um so erholter den an Ostern nicht angetretenen Trip nach Amsterdam nachholend realisieren können.

Sonntag steht dann die Rückreise nach Würzburg (Faulenzertag ist in Osnabrück geplant) und der Spielenachmittag beim Kleinen König an, bevor ich mich am Montag den Fängen der Verpflichtung ergebe, wobei ich ehrlich gesagt – aus Angst – nicht daran denken möchte.

Das heutige überraschende Zuhausebleiben des Pans hatte übrigens auch sein Gutes, denn die Wohnungsbaugenossenschaft, über die er sein Domizil angemietet hat, terminierte ihm für heute Abend eine Wohnungsbesichtigung, sehr wahrscheinlich auch mit Erfolg, so dass er, früher als erwartet, kostenminimierend aus seiner Wohnung weichen kann.

Mit Karo, die Kommunikationsdesign studiert, habe ich heute Mittag in einem knapp einstündigen Telefonat ihr Diplomarbeitsthema, in welchem sie einem Zahlenportrait (in wie weit sind Zahlen Komponenten, um Menschen „gläsern“ zu machen, was bei äußeren Kriterien [Gewicht, Körpergröße, etc.] beginnt und sich bis hin zu „inneren“ [Anzahl des Wortschatzes, IQ, EQ, etc.] ausbreitet) wissenschaftlichen Ausdruck verleihen wird, spezifiziert. „Können Zahlen Menschen charakterisieren“, fragte sie mich? Hat nicht jeder ein Bild vor Augen, wenn jemand den ersten Preis gewinnt?

Wäre Zeit mein Begleiter gewesen, hätte ich mich gerne intensiver auf dieses mir so spannend erscheinende Thema eingelassen, aber so ... ich hatte noch nicht mal die Fragen für das Interview fertig.

Und nun sitzt mir auch wieder die Zeit im Nacken!

Dieses Blogs wegen (ich habe mir heute sagen lassen, dass ich in meiner Konstanz des Schreibens nachlässig sei) habe ich den Pan eben am Telefon vertröstet, ihm aber einen baldigen Rückruf versprochen, den ich mit dem skriptalen Aushauchen dieser heutigen letzten Worte auch sofort tätigen möchte.

Möge eure Nacht eine schlafkräftebringende sein!

Eben bekam ich den Anruf, den man mir spätestens zum gestrigen Tag versprach - ich habe den Job!

Oh Gott!

Jetzt ist mir schlecht!

Ich weiß gar nicht, wie ich reagieren soll, bin total verwirrt und nervös.

Werde ich deren Ansprüchen genügen können?

Die hier schon oftmals erwähnten miserablen Gehaltsbedingungen, die sie ursprünglich boten, konnte ich auch nach oben korrigieren, aber werde ich das leisten können, was man von mir verlangt.

Und wieder einmal siegt die Angst in mir!

Ein dramouröses, aus Leid geborenes, jedoch ungeplant verlängertes Wochenende, liegt hinter uns.

Ob wir es – uns und das Leben mit UNS - wohl je geregelt bekommen?

Wenn es nicht so ernst wäre, könnte man scherzhaft denken, wir inszenieren namhaften Literaten ihren so aufwühlenden „Stoff“ aus dem sie bühnenreife Tragödien verfassen.

Ja, das vergangene Wochenende hat wohl alles bisherige in unserem beiderseitigen Erfahrungshorizont überboten. Vielleicht sind wir auch nur wahnsinnig!? Und wenn es offiziell nicht attestiert werden kann, sind wir auf jeden Fall nicht weit davon entfernt. Dessen bin ich mir sicher!

Die vielen Streits, das ständige Auf und Ab der sich extrem schnell vollziehenden Stimmungswechsel samt den gegenseitigen so unterschiedlichen Erwartungen, Vorstellungen und Wünschen haben uns beide in den vergangenen Wochen sukzessive durch die Mühle des Ertragbaren gedreht, was nach dem hoffnungs- und ausweglosen Gespräch heute Nacht letztendlich in der Frage des „Leben oder Sterben wir miteinander?“ mündete.

Die letzte Nacht: Ein durchdachtes Abschiednehmen, ein planendes Handeln, das Gefühl des letzten Mals des lebenden Miteinanders, ...ach, es ist in Worten nicht erlebnisbar zu bündeln!

Dann, nach einer besinnungslos-tränenreichen und erschöpfungsflutenden Phase, der verstandessiegende Gedanke des „wir-geben-uns-noch-eine-einzige-Chance“, schließlich hat des Pans Unterschrift am vergangenen Samstag auch den Mietvertrag für den 01.06. gezeichnet.

Ich weiß nicht, wo es mit UNS enden wird?

Mein Pan meinte heute morgen, dass wir beide wie Feuer und Wasser seien. Entweder miteinander verfließend oder einander abstoßend.

Der Ausspruch, „sie liebten und sie hassten sich“ könnte ich aus meiner (und ich glaube auch aus des Pans) Sichtweise nicht gelten lassen.

GeduldsprobeManchmal habe ich das Gefühl, als ob wir beide mit einem riesigen Schlüsselbund vor einer verschlossenen Tür (der des anderen) stehen, die wir bisher aufgrund des großen Anzahl der Schlüssel einfach noch nicht öffnen konnten und uns aber auch ganz schnell der Mut und die Zuversicht verlässt, dass wir den passenden noch finden werden.

Das Leben kann niemanden Garantie bieten, stattdessen handelt es sich vielmehr um eine unvorhersehbare, wenn auch sehnsuchtsgefüllte Komponente mit zahllosen Unbekannten, die sowohl Raum für Hoffnung als auch Verzweiflung lässt, was es für den einzelnen zukunftschancensehend oder zukunftschancenhinterfragend (und damit erschwerend, um nicht beängstigend oder zum Pessimismus neigend zu sagen) gestaltet.

Und da der Mensch - mittels Anlagen - dazu befähigt ist, dazuzulernen, besteht immer die Möglichkeit, dass sich ein „halb-leer-Wasserglaserachter“ zu einem „halb-vollen“ entwickelt, wobei die Unterschlagung des Eintritts des umgekehrten Falles sicherlich einer Beschönigung gleichkäme. Das Leben bietet in jeglicher Hinsicht Entwicklungsmöglichkeiten.

Vielleicht ist das auch der Grund, warum wir uns momentan noch einmal FÜR es entschieden haben.

Der Gedanke an morgen, die zweite Runde des Vorstellungsgesprächs, bestimmt mein ganzes Denken. Wie wird es weitergehen? Ich will und kann diese Tätigkeit zu den Konditionen 650.- Euro (1.Jahr), 750.- (2.Jahr) nicht ausüben.

Die Recherche beim Deutschen Journalistenverband (DJV) brachte folgende tarifliche Regelungen zum Vorschein.


xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx 1. Jahr /// 2. Jahr

Volo Hörfunk xxxxxxxxxxx 1.386.- /// 1.644.- (+258.-)

Volo Tageszeitung xxxxxxx 1.646.- /// 1.907.- (+261.-)

"Mittelwert" aus beidem xx 1.502.- /// 1.775.- (+273.-)


Obwohl der Verlag das Unternehmen einer Zeitungsgruppe ist, und sich sogar im selben Gebäude befindet, ist er aber aufgrund seiner Eigenständigkeit nicht daran gebunden, tariflich zu zahlen.

Ich verstehe das einfach nach wie vor nicht! Meinetwegen sollen sie unter Tarif bezahlen, aber dann doch in einer solchen Höhe (siehe ggf. Mittelwert), die ein Leben auch ermöglicht.

Und während die Volontariate sowohl beim Hörfunk als auch bei der Tageszeitung im 2. Jahr eine Steigerung von über 250.- Euro erfahren, summiert der Verlag gerade mal 100.- Euro mehr auf.

Ich kann in dieser ganzen planerischen Absicht einfach nur eine völlig ungerechte Abzocke sehen, der ich mich einfach nicht unterwerfen möchte - und wenn ich wieder auf dem Schiff als Bedienung arbeiten muss!

Vielleicht hätte ich einfach nie studieren sollen, 1984, gleich nach Hauptschulende, zu Aldi gehen sollen, um den Ausbildungsberuf der Verkäuferin zu erlernen, der, wie ich seit gestern weiß, besser als das Verlagsvolontariat bezahlt wird.

Ich wünschte, mein Pan wäre da, obwohl er mir die Angst vor morgen sicherlich auch nicht nehmen könnte, wir sie aber gemeinsam besser durchleben könnten.

Was soll ich den Verantwortlichen (Chef- und Lokalredakteur) morgen denn bloß sagen?

„Wissen Sie, dass Sie weit unter Tarif bezahlen, der Bafögsatz höher ist und selbst Aldi seinen Auszubildenden zur Verkäuferin mehr Gehalt bietet?“

Soll ich sie fragen, was für eine Existenz sie von jenen Akademikern, von denen sie die Verfügung über ein Auto erwarten und ihnen mit dieser Prämisse 650.- Euro für einen Vollzeitjob bieten, annehmen? Ob jene vielleicht in Zelten nächtigen sollen? Oder schmarotzerhaft bei all jenen, die über mehr liquide Mittel verfügen?

Jeder Gedanke an das morgige Gespräch erzürnt mich. Diese finanzielle Diskriminierung schreit zum Himmel, zumal sich wahrscheinlich – aufgrund der desolaten Arbeitsmarktsituation – jemand finden wird, der diese Beschäftigung zu deren Bedingungen ausüben wird.

Ich weiß nicht, wie ich mich – im persönlichen Gespräch rhetorisch völlig minderbemittelt – adäquat mitteilen könnte. Ich befürchte nicht, dass ich verbal über die Stränge schlage, nein, dass passiert mir garantiert nicht. Die Befürchtung liegt eher im gänzlichen Gegenteil, nämlich in der Annahme dessen, dass ich mich über das Thema Gehalt völlig ausschweigen werde, obwohl es mich emotional so aufwühlt und ich ja eigentlich meinem Unmut einmal Stimme verleihen möchte.

Ich würde mich einfach nur gerne sachlich mit ihnen darüber unterhalten und auch wissen, warum sie diese niedrige Vergütung veranschlagen, wobei mir einzig die Antwort „die Nachfrage bestimmt die Höhe“ glaubhaft schien. Alles andere wären für mich sehr wahrscheinlich nur ablenkende Phrasen.

Irgendwie kann ich mich heute einfach nicht beruhigen!

 

twoday.net AGB

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