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Versager

Wenn ich nicht endlich Nein sagen lerne, endet mein Leben, das sowieso die Affinität zum Drama hat, im totalen Chaos, einem Anschein ohne Wahrheitsgehalt, der rein äußerlich betrachtet für absolute Verwirrung, wenn nicht gar einer Katastrophe, sorgt. Ohne dieses Nein, das ich mich nicht zu sagen getraue, bin ich konturenlos, nicht greifbar, eine leere Hülle der Gefälligkeit, die sich nur dadurch abzugrenzen weiß, dass sie grundsätzlich Kontakt zu Leuten meidet, so weit es eben geht.

Dieses Nicht-Nein-sagen-können bringt mich echt noch um den Verstand. Letztens habe ich mit allergrößtem Mühen ein Abkömmling eines Neins über die Lippen gebracht. Ich kann gar nicht in Worte fassen, wie sehr ich damit gehadert habe, wie vermutlich unnachvollziehbar schwer mir das gefallen ist. Ein Nein, das kein klares war, das ich, um mein Gegenüber nicht gänzlich vor den Kopf zu stoßen, abgemildert habe und mich trotz dieser Miniaturversion unendlich schlecht fühlte, weil mein Gewissen mich damit peinigte, für den Kummer einer anderen Person verantwortlich zu sein.

Letztlich ziehe ich mich zurück, isoliere mich, um in dieser Einsamkeit niemandem außer mir gerecht werden zu müssen. Im realen Aufeinandertreffen reicht meine Kraft nicht dazu aus. Vom Grundsatz her ist die Idee, niemandem wehtun zu wollen, gewiss eine sehr löbliche, doch verursache ich mit meinen gefühlten Neins, die ich nicht zur Sprache bringe, weitaus größeren Schaden, weil das gespielte Ja unecht ist und ich insofern meinem Gegenüber UND mir schade. Mir weil ich etwas tue, was ich nicht tun möchte, meinen Gegenüber der Lüge mit all ihren weitreichenden Konsequenzen wegen.

Und was bringt mir dieses Wissen? Nichts! Weil ich zu feige für das Nein und damit einhergehend auch für die Wahrheit bin.

Ich denke ich werde auch diesmal so verfahren müssen, um annähernd ich zu bleiben und um mich selbst nicht der Gefahr auszusetzen, einmal mehr wider meinen Willen zu handeln, bloß damit es dem Gegenüber (scheinbar) gut geht. Scheinbar insofern, als dass es die schmerzliche Wahrheit nicht kennt. Dabei habe ich mir schon soooooo oft vorgenommen, es endlich zu sagen, auch weil mein Verstand darum weiß, dass es langfristig so gewiss besser ist. Befinde ich mich dann aber in der konkreten Situation, in der ich es sagen könnte, stülpt sich die Feigheit lähmend über mich, was ich menschlich betrachtet höchst verwerflich finde.

Es gibt Tage, da sollte man einfach nicht aufstehen, Tage, an denen alles schief läuft, Tage, an denen alle Anstrengungen im Sande verlaufen, so als hätte sich das Mühen dieser Welt zum Nichtgelingen verschworen, Tage, die so tränenreich sind, dass sie sich irgendwann so schlauchend wie eine Wurzelbehandlung beim Zahnarzt anfühlen und kein Raum mehr für einen Hoffnungsfunken bleibt, Tage, an denen aller Frohsinn auf Urlaubsreise in den fernsten Fernen ist. Kurzum: Tage wie heute. Tage, zu denen andere „Scheiß Tag“ sagen würden, doch ich weiß nicht, ob diese Fäkalaussage den Kern der Misere treffen würde; wahrscheinlich nicht.

Noch zehn Minuten, … dann ist dieser Tag endlich um!

Das passiert, wenn man weder hört noch siehtIrgendeinen Tod muss man ja immer sterben, fragt sich nur welchen? Seit Wochen warte ich schon darauf, dass etwas passiert, heute habe ich es endlich geschafft – ich bin jemanden, einem vier Wochen alten Auto, hinten drauf gefahren. Wie dumm muss man eigentlich sein, um das beim Ausparken mit viiiiiiiiiiel Platz und akustischen Abstandshaltern zu schaffen? Und dann wurde ich dabei auch noch gesehen. Nicht, dass ich hätte flüchten wollen, aber bei den Blicken der Zuschauer (Parkplatz am See) war ich unfähig, mich auch nur zu bewegen. Ich glaube ich habe mir noch NIEMALS mehr in meinem Leben gewünscht, unsichtbar zu sein. Mein ganzer Körper zitterte, vor Scham, dass man mich bei diesem idiotischen Unfall gesehen und aus Ärger vor dem finanziellen Schaden.

Das passiert, wenn man weder hört noch siehtJetzt wäre ein guter Zeitpunkt zum Sterben, dachte ich mir.
Mein ganzes Leben ist derzeit so unüberschaubar, grenzwertig, ichfremd, als sei aus den Fugen geraten. Wo stehe ich, wo gehe ich hin?
Und dabei weiß ich noch nicht mal, ob es das jetzt gewesen ist und nicht noch etwas anderes, Gravierenderes zuschlägt. Nicht dass ich wirklich darauf warte, aber wundern würde mich inzwischen gar nichts mehr.

Der Depp der Nation hat jetzt endlich einen Namen: meinen.

Umarmung hin oder her, das andere Gefühl hat schon die ganze Woche bestimmend sein Netz über mich geworfen. Ich bin gefangen. Gefangen in diesem engen Raum, in dem sich die Erfolge der anderen mit meinem Unvermögen zu einer unerträglichen Masse verdichtet, die mir immer mehr die Luft zum Atmen abschnürt. Einmal mehr bestimmt die Frage des Warums mein Sein. Wozu das Alles?

Ich frage mich, ob ich an einer entscheidenden Stelle in meinem Leben etwas falsch gemacht habe. Gab es diese Stelle überhaupt und wenn ja, habe ich sie wahrgenommen? Es gibt kein Zurück mehr, keinen Radiergummi, mit dem man unliebsame Details aus der Vergangenheit ausmerzen könnte, um das Leben an dieser Stelle neu zu beschreiben.

Und einmal mehr weiß ich nicht, wie es weitergehen soll. Ich bin dazu verdammt, es (das Leben), das durch die Wahrnehmung von bestimmten „Schadstoffen“ immer mehr die Substanz einer trüben Suppe gewinnt, weiterplätschern zu lassen.

Es scheint jedoch nur noch eine Frage der Zeit bis zum Umkippen dieses Gewässers.

Sog, der unaufhaltsam nach unten zieht
Heute komme ich irgendwie nicht mehr raus aus diesem Strudel der Selbstzweifel. Lethargisch lasse ich mich hinabziehen in die Tiefe des Sogs, der mich mit meinen quälenden Gedanken immer weiter verschlingt, dabei hatte ich mich anfänglich so sehr über diesen freien Tag gefreut, der nun inhaltsleer an mir vorüberzog.

Nein, heute schaffe ich es nicht mehr mich aufzuraffen. Anfänglich wollte ich mich heute mit einem Freund zum Frühstück treffen, was sich aber aufgrund meiner Apathie im gähnenden Nichts verlor. Der zweite Anlauf, mich mittags mit weiteren Freunden zu treffen, scheiterte ebenfalls an meinem phlegmatischen Verhalten. Genauso wie das abendliche Vorhaben, ins Kino zu gehen, obwohl ich diesem Freund den Korb der absagenden Unhöflichkeit, noch nicht überreicht habe.

Hoffe auf ein Morgen, das besser als das Heute wird ...

Der dritte Tag in Folge mit weniger als fünf Stunden Schlaf. Mag sein, dass andere damit zurecht kommen, um den Erfordernissen ihres Daseins gerecht zu werden. Ich nicht!

Um es kurz zu sagen: Mir geht’s nicht gut. Viel Arbeit, viel Stress und dadurch keine Zeit für ein Leben, das sich lebenswert nennen könnte.

Ich versuche zu funktionieren, doch mir fehlt die Kraft dazu - und dabei weiß ich, dass meine Zukunft davon abhängt, keine Schwäche zu zeigen.

Ich halte das nicht mehr aus. Jetzt fange ich schon nach dem Aufwachen an zu weinen. Ich kann nicht mehr. Inzwischen ist es mir egal, ob sich Leute darüber amüsieren und mich als schwächlich erachten.

Ich bin schwächlich.

Am Mittwoch soll ich einen Autoren interviewen, der einen neuen 400 Seiten Krimi herausgebracht hat. Ich habe noch keinen Buchstaben gelesen, kann mich nicht konzentrieren. Ich habe einfach keine Kraft mehr, keine Zuversicht, kein Vertrauen in diese Welt. Ich bin am Ende.

Ich getraue mich nicht mehr weiterzuleben. Jeder neue Tag bestätigt mir inzwischen mein Unvermögen. Ich sehe den Sinn nicht mehr, warum ich diese Bürde mir täglich neu auflasten soll.

Wozu?

Was könnte kommen, was Hoffnung ließ? Mir fällt einfach nichts ein. Nichts. Gar nichts.

Ich habe nicht mehr das Gefühl, frei atmen zu können.

Heute habe ich zum ersten Mal die Arbeit vorzeitig verlassen, weil es mir so schlecht ging. Ich meine Tränen nicht mehr unterdrücken konnte. Ich habe sogar einen Kollegen gebeten, meine Arbeit zu machen. Ist das nicht unglaublich?

In wenigen Tagen bin ich ein Jahr im Verlag. Zeit, um einen Rückblick auf die Hälfte meiner Volontariatsausbildung zu werfen. Zeit, um festzustellen, dass ich mich verändert habe, zu einem Mensch wurde, den ich nicht mehr wieder erkenne. Zeit, in der das Kind in mir einer chronischen Traurigkeit und damit einer Zumutung für die Verbliebenen gewichen ist. Zeit, in der das letzte Hoffen, dass ich vielleicht in der schreibenden Zunft eine Tätigkeit finde, die mich mit Daseinsfreude füllt, schwand.

Inzwischen fühle ich mich nicht mehr zurechnungsfähig. Mein IQ gleicht dem eines Kleinkindes in der Hülle einer faltenreichen Fassade.

Mein Leben weist in keinster Weise mehr Lebensqualität auf. Jede noch so kleine, an mich herangetragene Aufgabe überfordert mich. Ich kann nicht mehr.

Ich finde keine Ruhe mehr, schlafe in dem Bewusstsein, einen riesigen Nachholbedarf zu haben, ein, erwache mit der Sorge, das Alles nie aufholen zu können. Die Datenflut der Ticker ist immens. Es gibt so viele Einzelheiten, die darin erläutert werden, von denen ich keine Ahnung habe. Hinzu kommt das andere allgemeine Unwissen, dass es aufzuarbeiten gilt. Und lokal bezogen klaffen auch riesige, ja unüberwindbare Schluchten der Unkenntnis.
Erschwert wird das ganze Unterfangen von meiner Vergesslichkeit. Themen, die ich bereits nachgeschlagen habe, entschwinden meinem „das-habe-ich-bereits-gewusst-Modus“. Nach einigen Tagen fange ich also wieder bei Null an.

Ich kann nicht mehr. Fühle mich elend.

Ich kann nicht mehr. Mir fehlt die Kraft. Ständig Rückschläge. Kein Erfolg, der motivieren würde, weiter zu machen, der mir einen Sinn für mein Mühen gäbe.

Ich kämpfe an zu vielen Fronten, die einem weitläufigen Steppenbrand mit zahllosen Brandherden, die ich mit einem kleinen Eimer zu löschen versuche, gleichen. Es ist ein aussichtsloses Unterfangen. Gelingt es mir, einer Feuergarbe die Wolllust ihrer Flammenskraft zu nehmen, breitet sich indes an anderer Stelle das nächste lodernde Gezüngel aus. Ich kann gar nicht so schnell zur Wasserstelle laufen wie Feuersäulen einander entfachen.

Komme gerade vom Stadtrat bzw. vom Umwelt- und Planungsausschuss des selbigen. Nach drei Stunden wurde noch immer der zweite von neunzehn Punkten verhandelt. Es schien, als sei ich in einem fremden Land, in dem die Einwohner zwar die gleiche, dennoch für mich nicht verständige Sprache sprechen. Trotz aller Konzentration schaltete mein Kopf sich einfach immer wieder aus, wenn er Worte wie „Flächennutzungsplan“, „Raumordnungsverfahren“ oder „Planfeststellungsverfahren“ hörte, um nur mal ein paar wenige illustre Beispiele zu geben. Ich begriff nichts. Mein Nachfragen wurde auf Dauer für die anderen Pressevertreter, die ja nicht zum fortbildenden Erläutern meinerseits erschienen, nervend. Erschwerend kam hinzu, dass ich, abgesehen von vier Personen, keinen einzigen der mindestens zwanzig Stadträte, namentlich kannte, von ihrer politischen Zuordnung ganz zu schweigen. Kai überraschte mich heute Morgen mit der Nachricht, dass wir mittags in den Stadtrat gehen würden. Aufgrund der anderen Tätigkeiten blieb auch keine Zeit, mich in die gut 100 Seiten der uns zu diesem Ausschuss zugesandten Dokumente einzulesen, doch selbst wenn glaube ich nicht, dass das tatsächlich etwas geändert hätte.

Heute Abend war ich mit Ralf zu einem Improvisationstheatermatch verabredet, das ich nun gecancelt habe, obwohl ich mir schon so unendlich viele Male vorgenommen hatte, dorthin zu gehen. Heute Mittag hatte ich mich noch so darauf gefreut, weil dieser Wunsch endlich Realisierung finden sollte ... und jetzt fühle ich mich einfach nur noch als Versager, der keine Belohnung verdient.

 

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