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Ich weiß nicht warum, aber die Telefonate mit meiner Mutter ziehen mich stimmungsmäßig fast immer ausnahmslos runter. Möglicherweise liegt es an ihrem grundsätzlichen Pessimismus, bei dem ich mich dann meist genötigt sehe, sie wieder in eine zuversichtlichere Seelenlage zu versetzen, zumal ich ja nach wie vor fürchte, dass, wenn sie zuviel Negatives erfährt, ihr Krebs wiederkehrt, oder an ihrem Hang zur Dramatik, der für sie aber gefühlte Realität darstellt. Ich weiß, dass sie das nicht absichtlich macht, anstrengend ist es aber trotzdem. Fatal in dieser Hinsicht ist vor allem, ihre Unerreichbarkeit. Sie hat eine vorgefertigte, fatalistische Meinung, die weder durch stichhaltige noch sachliche Argumente getroster wird. Ich kämpfe und weiß, dass es doch vergebens ist. Manchmal gelingt es mir zwar, sie für eine kurze Weile zu beruhigen und ein klein wenig Hoffnung zu spenden, doch ich weiß um die sichere Wiederkehr ihrer Schwarzseherei – und das ist SEHR anstrengend, zumal ich selbst mit meinem Leben hadere.

Ehrlich gesagt finde ich die Gespräche mit meiner Mutter fast immer so folgenschwer und Kräfte raubend, dass ich nicht in der Lage bin, ihr 100 Prozent meiner Aufmerksamkeit zu schenken, was sich bestimmt roh und herzlos anhört, vermutlich auch ist, obwohl mich das, was sie sagt, thematisch NICHT langweilt. Um die Breitseite jedoch nur gedämpft – im Sinne des Eigenschutzes gemildert - abzubekommen, beschäftige ich mich während der Telefonate meistens mit noch etwas anderem, so dass die Informationen mich nur noch abgeschwächt und wie durch Watte gehört erreichen, wobei ich schon mit dieser abgemilderten Variante zu kämpfen habe.

In dem eben geführten Telefonat ging es um die anstehende Scheidung meiner Schwester, die nun leider – und da zitiere ich meinen Schwager – „zum Krieg“ ausartet. Meine Mutter fürchtet sogar um das Leben meiner Schwester. Mein Einwand „Frauenhaus“, der mir spontan als rettender Gedanke kam, verhallte jedoch im Leeren. „Bei uns (Kleinstadt) gibt es doch kein Frauenhaus“. Unausgesprochen hörte ich ferner: so etwas kannst Du deiner Schwester, einer erwachsenen Frau und ihrem Kind, nicht zumuten wollen.

Bin noch von Sinnen und kann das Gesagte des Telefonats noch gar nicht verarbeiten, geschweige denn fassen. Vermutlich werden sich die beiden wohl bald Gummistiefel zulegen müssen, um für die kommende Schlammschlacht geeignetes Schuhwerk zu haben. Das verflixte siebte Jahr haben sie überstanden, das achte brach ihnen schließlich das Genick, wobei das natürlich keine abrupte Entscheidung, sondern ein schleichender Prozess war.

Was mich richtig traurig stimmt, ist die Tatsache, dass mein Schwager Fabio, seinen 4-jährigen Sohn, jetzt komplett links liegen lässt, obwohl dieser ja wirklich gar nichts dafür kann. Er sagt ihm inzwischen noch nicht einmal mehr „Gute Nacht“.

Und selbst auf die arglose Frage: „Papa, spielst Du mit mir?“, bekam Fabio heute ein „verschwinde!“ zur Antwort, wobei Fabios Nachfrage, wo der Papa denn mit dem Motorrad hinwolle ein nicht minder kaltes „das geht Dich gar nichts an“ zu hören bekam. Was soll ich dazu noch sagen?

Bemerkenswert (und nicht minder traurig) finde ich im übrigen, dass der kleine Kerl zu einer solchen Aussage fähig ist: „Stimmt’s, Mama, wir beginnen jetzt ein neues Leben … ich freue mich darauf, denn dann kann der Papa uns nicht mehr so schimpfen“.

Ich möchte an dieser Stelle auch nicht ins Detail gehen, was mein Schwager pauschalierend über unsere „Psycho-Familie“ gesagt und was er meiner Schwester angetan hat, weil es sonst wie ein billiges Abrechnen im Sinne von einem öffentlichen Schlechtreden aussehen könnte, was es ja nicht sein soll, schließlich möchte ich hier nur niederschreiben dürfen, was mich bewegt. Fakt ist aber, dass mein Bruder darüber dermaßen erbost ist, dass er meinen Schwager „am liebsten das Fürchten lehren möchte“, um es mal geschönt zu artikulieren.

Wäre es nicht an Fabio gegangen, hätte meine Schwester wahrscheinlich, so sagte es mir zumindest meine Ma, noch so weiter gemacht, soll heißen, in den unseligen Verhältnissen weitergelebt, obwohl sie unglücklich war, da ihr das Wohl des Kindes, das in geordneten Verhältnissen aufwachsen sollte, über dem ihren stand.

Ein „ihr beide geht mir am Arsch vorbei“ und die Erkenntnis, dass Fabio inzwischen auch oftmals Angst vor seinem eigenen Vater hat, bestärkte jedoch - so meine Vermutung - den Entschluss zur Trennung, wobei natürlich noch zahllose andere dazu kommen.

Dass eine Scheidung selten (nie?) unproblematisch verläuft, ist gewiss unstrittig, zumal soviel Emotionen damit einhergehen, aber dass zwei einst Liebende so gar keine sachgefällige Ebene mehr finden, wobei ich – als persönlich nicht direkt Betroffene – natürlich mal wieder großspurig schwadronieren kann, finde ich doch beängstigend.
 

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