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Urlaub

6. Oktober, 23.59 Uhr amerikanischer Zeit

Ausflugsschiff der Maid of the Mist-Flotte, das abenteuerliche Touristen nah an das tosende Geschehen heranbringt.Auch wenn der heutige Tag ein regenfreier war, sind wir im „donnernden Wasser“, wie die Indianer sagten, doch nass geworden – und das trotz schützender Ponchos. Ein Besuch der Niagarafälle ohne eine Maid of the Mist-Bootstour wäre aber auch nur eine sehr eingeschränkte Erfahrung gewesen. So waren wir quasi mitten im Auge des tosenden Kessel der Horseshoe Falls, über die jede Sekunde rund 2 Millionen Liter Wasser stürzen. Bei dieser zum Teil sehr abenteuerlichen Fahrt, die ihre 13,50 Dollar aber auf jeden Fall wert sind, fährt der Kapitän die sich gegen Wirbeln und Strömungen wehrende Barkasse so nahe wie möglich an die ungestüme Wasserwand des wild geischenden Wasserfalls. Dabei trocken zu bleiben, ist meines Erachtens so gut wie gar nicht möglich, da der stürmische Regenschauer, der zudem pausenlos seine Richtung wechselt, sich von allen Seiten Zugang zu der Kleidung verschafft. Sei es tröpfelnd, schleichend, kriechend oder fließend. Die Frage ist letztlich nur jene, wie nass man wird. Und ich bin, weil ich so Angst um meine Kamera hatte und mein ganzes Bestreben darum bemüht war, sie und nicht mich zu schützen, sehr nass geworden, was im Anschluss nach der Bootsfahrt aufgrund des Windes doch sehr unangenehm wurde.

Ursprünglich hatten wir uns für heute vorgenommen, uns das aus drei Wasserfällen bestehende Naturspektakel, welches allein durch seine Länge, Form und den gewaltigen Wassermassen zu den schönsten Wasserfällen der Erde zählen sollen, sowohl von der amerikanischen als auch kanadischen Seite anzusehen, da sich die beiden Länder das nasse Wunder teilen. Mit den Reisepässen in der Tasche wäre es ein Leichtes gewesen, die beiden Länder trennende Rainbow-Bridge zu Fuß zu überqueren, doch nachdem wir so nass uns durchgefroren waren, unterließen wir dieses Vorhaben, gleichwohl der Reiseführer sagt, dass man besonders von der kanadischer Seite einen grandiosen Blick über die Abbruchkante der Horseshoe Falls hätte, aber wir waren auch so schon ganz zufrieden.

Das Baby der drei Niagara-Wasserfälle: die American Falls.

Umgehauen in dem Sinne hat mich das grandiose Schauspiel der größten Elektrizitätserzeuger der Welt aber nicht. Vielleicht war es auch hier einmal mehr so, dass meine Erwartung im Vorfeld einfach zu groß war, weil ich soviel darüber gelesen hatte oder ich durch den Besuch des Rheinfalls in Schaffhausen letztes Jahr noch etwas wesentlich Spektakuläreres vorzufinden glaubte. Möglicherweise trübte aber auch ein gesundheitliches Tief, das mich die erste Hälfte des Tages peinigte, meine Wahrnehmungsfähigkeit.

Die kommenden beiden Tage fahren wir - leider noch immer auf kostenpflichtigen Toll-Roads - weiter ostwärts, Richtung Boston, das noch gut sechs Autostunden von uns entfernt liegt. Auf der Hälfte des Weges wollen wir in Albany, der Hauptstadt des Bundesstaates New York, eine Sightseeing-Rast einlegen. Nachdem für morgen aber wieder mal Regen angekündigt ist, fahren wir morgen möglicherweise auch ganz durch bis nach Boston. Mal sehen, wie es kommt. Heute Abend fanden wir, bevor wir hier in Syracuse eincheckten, ja auch mal wieder völlig überraschend ein Outlet-Center am Straßenrand, dem wir einen kurzen Besuch abstatteten.

So allmählich kommen bedauerlicherweise auch schon die ersten Gedanken an den Heimflug am Samstag, die ich aber soweit wie möglich zu verdrängen versuche. Berufsurlauber müsste man sein.

5. Oktober, 23.45 Uhr amerikanischer Zeit

Der heutige Tag war vornehmlich einer, den wir auf der Straße verbracht haben. Rund 550 Kilometer - man bedenke die amerikanischen Geschwindigkeitsbegrenzungen - sind wir weiter Richtung Osten von Elkhart über Cleveland bis nach Erie gefahren, wo wir heute Nacht einmal mehr einen kleinen Zwischenstopp einlegen, bevor wir morgen nach dem Frühstück weiter Richtung Buffalo aufbrechen, um uns unweit von dort, ob von der kanadischen oder amerikanischen Seite wissen wir noch nicht, die Niagara Fälle anzusehen.

Was das „Unvornehmliche“ des heutigen Tages betrifft, sprich die Stunden, die wir nicht auf der Straße verbracht haben, handelt es sich hierbei um zwei zweistündige Unterbrechungen. Die erste davon haben wir in einem zufällig am Straßenrand von Angola - nein, nicht dem knapp 16 Millionen Einwohner großen Land im Südwesten Afrikas, obwohl wir des Scherzes wegen für einem Moment so taten, vielmehr einer kleinen, 7300 Einwohner zählenden Universitätsstadt in Indiana - entdeckten Outlet-Center verbracht, in welchem heute einmal der Pan reichlich Ware für wenig Dollar erhielt, wobei auch ich Dank „Clearing“ ein Paar Marken-Turnschuhe für erfreuliche 11 Euro erhielt.

Mitten im Zentrum Cleveland reckt sich das bauliche Wahrzeichen der Stadt empor: der Tower City Center.Im Anschluss daran fuhren wir noch rund drei Stunden weiter, um in der direkt am Eriesee gelegenen, 500.000 Einwohner großen Stadt Cleveland die zweite, jene, die wir auch eingeplant hatten, Unterbrechung einzulegen. Dass diese letztlich aber auch nur zwei Stunden betragen würde, hatten wir gerade auch der Größe der Stadt wegen nicht gedacht. Da aber einmal mehr alles Sehenswerte relativ lauffreundlich zu erreichen war, kamen wir recht zügig durch die einst von Kohle, Stahl und vor allem Öl bestimmt Hafenstadt, die inzwischen erfolgreich ihr "Ruhrpott-Image" abgelegt hat. Hinzufügen muss ich in diesem Zusammenhang aber auch, dass wir noch einen Museumsbesuch eingeplant hatten, für den wir aufgrund des überraschenden Shoppens zuvor aber zu spät kamen. Ja, Cleveland ist heute vor allem für Musikinteressierte - wie auch der Pan einer ist - ein Begriff. So beherbergt die Stadt seit 1995 die Rock’n Roll Hall of Fame, ein Museum, das sich mit den Ikonen der Rockmusik beschäftigt. Wie bereits gesagt: als wir Cleveland erreichten, hatte selbiges schon zu. Klar, dass wir natürlich trotzdem zu dem rund 14.000 Quadratmeter großen Wallfahrtsort für Rockfans pilgerten, der alleine schon wegen seiner mehrfach ausgezeichneten Architektur (der Eingangsbereich erinnert zum Beispiel an ein Grammophon) einen Abstecher rechtfertigt.

Unterhaltsam war im Übrigen auch noch das Gespräch mit einem super lieben Sicherheitsbeamten der Stadt, der uns kurz nachdem wir den geparkten Wagen verlassen hatten, begegnete. Mit unserem lieblichen Charmebolzen Tim auf dem Arm hatten wir natürlich alle Sympathien auf unserer Seite, wodurch sich die Unterredung fröhlich und kurzweilig gestaltete. Zum Abschied gab’s neben den besten Erkundungswünschen für die Stadt und der Information, dass er künftig auch seinen Teddy mit auf Reisen zu nehmen gedenkt, da ihm unsere Idee (und natürlich Tim) so gut gefiel, für uns alle drei jeweils einen freundschaftlichen „Gib mir 5-Handabklatscher“, mit dem wir beschwingt durch die Straßen schlenderten.

4. Oktober, 22.45 Uhr amerikanischer Zeit (jetzt wieder Eastern Time)

Weihnachten! Und das mitten im Oktober! Nein, es war heute nicht besonders kalt, das heißt anfänglich schon. Bedingt durch den Wind, für den Chicago bekannt ist.

Nein, es war vielmehr so, dass der liebe Wettergott oder einer seiner Abgesandten uns heute den ersten regenfreien und durchweg sonnigen Tag in diesem Urlaub beschert hat, weswegen unsere spontan getroffene Entscheidung, den heutigen Tag vor der Weiterfahrt gen Osten noch einmal in Chicago zu verbringen, goldrichtig war. Und er hat sich soooooo etwas von gelohnt, aber nicht nur das. Nein, er hat darüber hinaus auch für all die vergangenen, gefühlt urlaubslosen Tage entschädigt. Auch wenn ich es natürlich nicht gewusst hätte, was ich verpasst hätte, wenn wir den heutigen Tag nicht erneut Downtown gewesen wären, wäre es eine Sünde sondergleichen gewesen, denn durch die heutige Erfahrung kann ich nun für mich sagen, dass ich die Metropole am Lake Michigan nahtlos neben meine Lieblingssehenswürdigkeiten in den USA, White Sands Nationalpark und Petrified Forest, einreihen kann.

Faszinierende Kulisse: Blick vom Millenium Park auf einige Häuser Downtown in ChicagoAll das, was wir uns gestern nicht angesehen haben, haben wir heute realisiert, wobei wir des vortrefflichen Wetters wegen, auch erneut den Grant Park mit dem Buckingham Brunnen aufsuchten, da sich von unserem Parkplatz letztlich alles gewünscht Sehenswerte in relativer Laufweite befand. Da ich dem Wetter nicht traute, hieß unser erstes Ziel Millennium Park, den wir nach ein paar Schnappschüssen an der Chicago Stock Exchange, die uns dort gestern nicht vergönnt waren, aufsuchten. Tja, was soll ich sagen? Eigentlich bin ich sprachlich minderbemittelt, um das, was ich fühlte, in Worte zu kleiden. Besonders groß, was die Fläche betrifft, war er nicht. Ich weiß nicht, was ich erwartet hatte, vielleicht etwas Ausuferndes wie der Central Park in New York oder der Hyde Park in London, aber davon ist der Millennium Park weit entfernt. Muss er aber auch gar nicht, denn schließlich ist die Größe eines Parks noch lange nicht mit einem Gütesiegel gleichzusetzen. Dem 2004 eröffneten Millennium Park würde ich aber, wenn ich diesbezüglich etwas zu sagen hätte, definitiv ein solches verleihen, da er durch seine sinn- und ideenreichen sowie verspielt umgesetzten Elemente das Vermögen besitzt, sowohl Erwachsene als auch Kinder in den Bann zu ziehen. Schade, dass ich keine Tasche besaß, die groß genug war, um ihn einfach einzupacken.

Wintergarten der Harold Washington Library in ChicagoIm Anschluss daran - und auch deswegen war der Freude darauf wegen heute ein bisschen Weihnachten - machten wir uns, nach einem Miniabstecher im „Art Institute of Chicago“, auf den Weg in die Harold Washington Library, an der wir gestern ja leider ahnungslos ob ihres interessanten Innenlebens vorbeiliefen. Und auch hier wurden wir nicht enttäuscht. Auf insgesamt neun Etagen erstreckt sich die größte, der Öffentlichkeit zugängliche Bibliothek der Welt, die mittlerweile auch schon zahlreiche Preise eingeheimst hat. Die zwei Millionen Bücher verteilen sich übrigens auf acht Etagen, die allesamt über Rolltreppen zu erreichen sind. Die neunte beherbergt neben Ausstellungen einen meines Erachtens wirklich besuchenswerten Geheimtipp: einen schlichten, aber doch sehr vornehmen und gleichermaßen edlen Wintergarten, der durch seine Abgeschiedenheit in der obersten Etage wie eine lichtdurchflutete Oase der Stille wirkt.

Danach, ich kündigte es weiter oben bereits an, stand noch einmal Grant Park auf dem Programm, der sich uns - eingebettet in wohlgeformte Kumuluswölkchen - heute von seiner schönsten Seite zeigte, wobei ich den Buckingham Brunnen (gestern flüchteten wir des Regens wegen ja bevor wir ihn uns detailliert ansehen konnten) weitaus weniger spektakulär finde, als ich diverse Male darüber gelesen habe. Aber zum Glück sind Geschmäcker ja verschieden, was nicht heißen soll, dass damit ein Besuch dieses Brunnens überflüssig sei, zumal der Weg von hier bis zu einer hübschen Promenade des Lake Michigan, der aufgrund seiner unendlichen Weite eher einem Meer als einem See gleicht, nur ein Katzensprung entfernt ist.

Mittlerweile befinden wir uns schon gut 175 Kilometer östlich von Chicago, in einem nicht weiter erwähnenswerten Ort namens Elkhart, wo wir nur des Übernachtens wegen halt gemacht haben – erfreulicherweise supergünstig! Um unser nächstes Etappenziel, Cleveland, zu erreichen, müssen wir morgen noch fünf weitere Stunden fahren. Heute waren wir dafür zu müde.

[3. Oktober, 20.19 Uhr amerikanischer Zeit]

Sagenhafter Ausblick aus dem Willis TowerDie überraschende und nicht angekündigte Sonne des Morgens nutzen wollend, enteilten wir nach dem Frühstück recht zügig aus dem Hotel, um die Skyline bereits nach einer Stunde Fahrt greifbar vor Augen zu haben, wobei das Wetter schon während dieses 37 Kilometer langen Kurztrips wankelmütig wurde, letztlich, um es vorweg zu nehmen, sich aber über ein paar wenige Stunden hielt.

Zentral und nicht minder wie über das Wetter verwundert, parkten wir wesentlich günstiger – 8 statt 20 Dollar - als angenommen im Finanzviertel, das an diesem Samstag, gewiss wegen des Wochenendes, an dem hier niemand arbeitet, weitestgehend wie ausgestorben wirkte, da hier so gut wie keine Menschen unterwegs waren und auch keine Cafes und Geschäfte offen hatten. Uns war das natürlich nur recht. Die allgemein günstigeren Parkpreise an den Wochenenden legen die Vermutung nahe, dass das heute keine Ausnahme war. Insofern würde ich all jenen, die Chicago einmal besichtigen wollen, raten, das am Wochenende zu realisieren. Nicht nur, weil die Parkgebühren dann preiswerter sind, nein, erfreulicherweise hält sich auch der Verkehr in Grenzen. Für uns war der heutige Besuch darüber hinaus deswegen von Vorteil, weil es gestern ja auch den ganzen Tag geregnet hat und uns dabei sprichwörtlich gesehen alle Aufnahmen – Fotos wie Video – ins Wasser gefallen wären.

Kennt jemand den Film „Während Du schliefst“ mit Sandra Bullock, die in diesem Film in Chicago lebt und dort als Fahrkartenverkäuferin für die S-Bahn arbeitet und eines Tages zufällig ihrem heimlichen Schwarm auf den Gleisen das Leben rettet? Fast ausnahmslos alle Szenen dieses Films wurden in Chicago gedreht. Jedes Mal dann, wenn über uns irgendwo quietschend und laut lärmend eine S-Bahn im silbernen Kofferlook von Rimowa über uns anrollte, fühlte ich mich in die Kulisse des Filmes versetzt, so als müsste Sandra Bullock gleich irgendwo um die Ecke kommen.

Wie auch immer, …

Zurück zum Finanzviertel, wo wir auf dem kurzen Weg zum Willis Tower (Sears Tower) auch an der „Board of Trade“, der ältesten Terminbörse der Welt, vorbeikamen. Einmal mehr ein paar obligatorische Film- und Fotoszenen eingefangen, diese allerdings mal wieder unter trüben Himmel, erreichten wir schon nach wenigen Minuten das höchste Gebäude der Vereinigten Staaten, vor dem sich - aus für uns nicht nachvollziehbaren Gründen - etliche blinkende Feuerwehrautos und Krankenwagen befanden, diese jedoch allesamt menschenleer. Die Gunst der Gelegenheit nutzend und den leuchtend-neugierigen Augen unseres kleinen Tims gerecht werdend, kam ich nicht umhin, ihn auf diesem abenteuerlichen Schauplatz dokumentierend festzuhalten.

In trauter Dreisamkeit: Fabi, Tim und LiselleIm Anschluss daran reihten wir uns brav in die Schlange all derer ein, die gleichermaßen auf das sich in der 103. Etage befindende Skydeck des 442 Meter hohen Wolkenkratzers wollten, das im übrigen mit einem sehr rasanten Aufzug zu erreichen ist. Und wahrlich: Das Warten und die mehr oder minder pro Forma Personenkontrolle hat sich gelohnt. Die Rundum-Aussicht ist gigantisch. Diese Erfahrung - vor allen Dingen hatten wir, als wir oben waren, auch teilweise blauen Himmel - möchte ich nicht missen. Lediglich die verschmutzten Scheiben trübten das Erleben und gleichermaßen die Fotos.

Als wir den Willis Tower schließlich gänzlich beeindruckt verließen, zeigte sich das Wetter leider auch schon wieder in Schmolllaune, von der wir uns aber nicht anstecken ließen. Das Gute hoffend liefen wir nach einem wärmenden Starbucks Kaffee weiter. Eigentlich waren wir ja auf der Suche nach dem Millenium Park, landeten dann aber unverhofft und zunächst glaubend in selbigem zu sein, im Grant Park, in dem an diesem Wochenende ein Country Music Festival stattfindet. Der Musik ein wenig lauschend und die skurrilen Momente in Bild und Ton eingefangen, schlenderten wir zunächst weiter, allerdings nicht sehr weit, da uns ein starker Regenguss von oben davon abhielt, weswegen wir in ein Zelt flüchteten, in dem zunächst ein recht einsamer, was das Publikum betrifft, Musiker seine Songs zum Besten gab. Aufgrund des Regens dauerte es allerdings nicht lange, bis sich das Zelt füllte.

Als der Regen wieder nachließ und ich einen Polizisten gezielt danach fragte, erfuhr ich auch, dass wir gar nicht im Millenium Park, sondern im Grant Park sind. Hier, wo auch der Buckingham Brunnen, der mit seiner Fontäne als die größte illuminierte Wasseranlage der Welt gilt, seine Heimat hat. Leider offenbarte sich uns das beliebte Ausflugsziel unter gänzlich grauem Himmel, der kurz nach unserem Erscheinen auch wieder seine Pforten öffnete, weswegen wir völlig fröstelnd und durchnässt beschlossen, zum Auto zurückzugehen, uns wärmer anzuziehen und dann wiederzukehren, schließlich wollte ich ja noch den richtigen Millenium Park sehen. Da der Regen aber immer stärker wurde und ich unter solchen Bedingungen keine Fotos mache, verwarfen wir dann aber dieses Vorhaben. Aufgrund der fortgeschrittenen Zeit, machte übrigens auch unser Plan B, der Besuch des Shedd Aquariums, keinen Sinn mehr.

Was mich im Nachhinein – ich habe jetzt hier noch ein wenig im Internet recherchiert - ein bisschen ärgert, ist die Tatsache, dass wir uns einen sehenswerten Leckerbissen, an dem wir auch noch vorbeiliefen und den ich ihn von außen bewunderte, haben entgehen lassen. Fatalerweise lag die Harold Washington Library, ein rotes Backsteingebäude mit zahlreichen Ornamenten, direkt auf unserem Rückweg zum Auto. Leider wusste ich zu diesem Zeitpunkt aber weder, dass die größte, der Öffentlichkeit zugängliche Bibliothek der Welt zu diesem Zeitpunkt besuchbar war noch dass sie mit mehr als zwei Millionen Bänden die größte und eindruckvollste Sammlung der Welt beherbergt, weswegen sie auch im Guiness Buch der Rekorde steht.

Naja, jetzt können wir es sowieso nicht mehr ändern, denn morgen treten wir unsere lange Reise gen Osten an.
Höchstes Gebäude Chicagos: der Willis TowerWer will, kann Stockwerke zählen

[3. Oktober, 09.02 Uhr amerikanischer Zeit]

Sonne! Man glaubt es kaum. So sieht Chicago also unter blauem Himmel aus. Dummerweise brauchen wir von hier mindestens eine, wenn nicht sogar eineinhalb Stunden bis zur Innenstadt, und bis dahin ist die Sonne ganz gewiss wieder gewichen. So war es schon ein paar Mal in diesem Urlaub. Aber wir werden es versuchen!

[2. Oktober, 22.16 Uhr amerikanischer Zeit]

Kleiner Nachtrag zu der gestrigen „Reifen-Panne“: Unsere Annahme, dass unser Leihwagen nur schlecht gewartet war, hat sich zum Glück bestätigt, das heißt bis dato – und heute sind wir 160 Kilometer quer durch Chicago gefahren, aber dazu gleich mehr – hat es keine weitere Warnmeldung mehr gegeben.

Regen, nichts als RegenTja, und nun zum Leidthema dieses Urlaubs: dem Wetter, das nach wie vor alle Ausflugsvorhaben (unter freiem Himmel) konterkariert. Was wir bisher, nach 24 Stunden Chicago, von der 2,8 Millionen Einwohner großen Metropole, übrigens die drittgrößte Stadt der USA, gesehen haben? Kurzum: NICHTS! Zumindest nichts von all dem, was als Sehenswürdigkeit angepriesen wird. Als wir gestern Abend von Indianapolis kommend auf dem Weg zum Hotel waren, fuhren wir zwar an dem Sears Tower, der seit Juli diesen Jahres übrigens Willis Tower heißt, vorbei, bedingt durch einen Megastau sogar suuuuuuuuuperlange, aber von gesehen im „die-Sinne-auf-vielfältige-Weise-ansprechenden“-Sinn kann dabei natürlich nicht die Rede sein. Dabei wollte und möchte ich auch nach wie vor unbedingt auf die Dachterrasse des Wolkenkratzers, der mit seinen 443 Metern nicht nur das höchste Gebäude der Vereinigten Staaten repräsentiert, sondern, und da kommen wir einmal mehr auf unser Leidthema zu sprechen, an sonnigen Tagen sogar eine Fernsicht bis zu 100 Kilometer bietet.

Ausbeute des Outlet-BesuchsBedingt durch die anhaltenden Wetterkapriolen entschlossen wir uns heute Morgen dazu, dem Regen und der Kälte einmal keine Angriffsfläche zu bieten, sprich einen ruhig(er)en Tag einzulegen. Dank Internet - und hierbei war es diesmal ein wahrer Segen – war es auch kein Problem, uns Ideen und Anregungen für das Vorhaben zu holen. Letztlich fiel die Entscheidung auf ein Outletcenter mit 120 Geschäften im Westen der Stadt. Dass die rund 80 Kilometer lange Fahrt - auf der Karte sah die Strecke übrigens wesentlich kürzer aus - von unserem eher im Norden gelegenen Hotel, zu den „Chicago Premium Outlets“ schließlich aber so viel Zeit in Anspruch nehmen würde, hätte wohl weder der Pan noch ich im Vorfeld geglaubt. Auf dem Hinweg brauchten wir wegen des Verkehrs rund zwei Stunden, auf der Rückfahrt sogar drei, wodurch der Tag (s)einen ganz eigenwilligen Lauf nahm. Für gewöhnlich verhält sich der Besuch von Outlet-Centern bei uns so: wenn denn zufällig eines den Weg kreuzt, machen wir dort auch gerne mal Halt. Gezielt danach gesucht haben wir bis heute aber noch nie danach. Ob wir etwas gekauft haben? Der Pan war drauf und dran, sich ein Paar Schuhe zu erstehen, was er dann aber doch gelassen hat, während ich mich mit zwei Hemden und drei T-Shirts eindeckte.

Morgen, es soll übrigens wieder regnen (wer hätte das gedacht?), werden wir aber auf jeden Fall in die Parkplatz horrend teure Innenstadt fahren. Wenn es denn tatsächlich mal eine Regenpause geben sollte, würde ich, aber das schrieb ich weiter oben bereits, gerne auf das Skydeck des Willis Tower gehen und mir zudem den Millenium Park, ein weitläufiges Areal, das zahlreiche Kunstgegenstände enthält, ansehen. Falls alle Stricke reißen, sprich das regnerische Schauerspiel kein Ende findet, besuchen wir das Shedd Aquarium, das nicht nur eine der ältesten (1929), sondern gleichzeitig auch die größte überdachte Unterwasserlandschaft der Welt ist.

Nass (hinter der Scheibe) ist es hier zwar auch, aber hier dienen die Wassermassen wenigstens einem sinnvollen Zweck: die Lebenswelten von mehr als 8000 Tieren, die das Element Wasser ihr Eigen nennen, zu erläutern und begreifbar zu machen.

[2. Oktober, 05.45 Uhr amerikanischer Zeit]

In der Zeit sind wir gestern gesprungen (von der Eastern Standart Time zur Central Standard Time), womit unsere temporäre Verschiebung zu Deutschland nun nicht mehr minus sechs, sondern minus sieben Stunden beträgt. Beim Wetter hingegen ist leider alles beim Alten geblieben.

Fabian als Office im KapitolLiselle posiert in Indianapolis

Ganz ehrlich?

Mittlerweile habe ich für diesen Urlaub die Hoffnung aufgegeben. Eigentlich tauchen wir nur in ganz kleine, regenlose Zeitlöcher ein, die überwiegende Zeit scheint der Himmel sein Inkontinenz-Problem nicht geregelt zu bekommen. Kurzum, und jetzt wird’s sprachlich unschön, es pisst. Unaufhörlich. Gestern Abend - auf der allein zweistündigen Fahrt nur durch das weitflächige Chicago - entleerte sich über uns sogar ein vor Wut wild tobendes Gewitter, in dem wir, völlig müde und erschöpft vom Tag, aufgrund der Annahme eines platten Reifen (das Display im Cockpit alarmierte uns mit „low pressure“) im strömendem Regen das Problem zu lösen versuchten. Warum wir nicht gewartet haben, bis der Regen nachließ? Hätten wir ja gerne, haben es auch versucht, doch er ließ nicht nach.

Wer schon einmal vor einem ähnlichen Problem in den USA stand, weiß, dass das Luftdruck überprüfen und das Luft nachfüllen hier anders funktioniert als in Deutschland, wobei ich, da wir letztes Jahr gleichermaßen damit konfrontiert wurden, seit gestern sagen kann, dass es hier, wie bei den sanitären Anlagen, verschiedene Varianten gibt. Die, der wir gestern begegneten, war uns neu. Wir mussten uns - getreu dem Motto: umsonst ist nur der Tod – zunächst einmal einen Luftdrucküberprüfer kaufen, um den vorhandenen Druck der Reifen überhaupt erst einmal ermitteln zu können. Im Anschluss hieß es, ähnlich wie bei uns die Staubsauger an Autowaschanlagen, den Automaten mit der kostbaren Luft mit Geld zu füttern, um dann, wie von der Tarantel gestochen, um das Auto herumzurasen. Einerseits, um möglichst wenig nass zu werden, andererseits, um den Automaten nicht unendlich mit Coins zu füttern.

Vielleicht wäre das alles nicht weiter erwähnenswert oder unter dem Thema „Shit happens“ zu verbuchen, da wir aber bei der Autoübernahme eine „Platte-Reifen-Zusatzversicherung“, die uns 5 Dollar pro Tag gekostet hätte, abgelehnt haben, wunderten wir uns schon. Wie hatte der Alamo-Mann gesagt? „Wenn Sie unterwegs ohne diese Zusatzversicherung einen platten Reifen bekommen und wir dann kommen und den Reifen ersetzen müssen, kostet Sie das 250 Dollar“. Ich weiß, dass es absurd klingt, aber für einen Moment haben wir uns schon gefragt, ob wir ganz gezielt, einen flat-tire-Kandidaten als Wagen erhielten. Nachdem wir an der Tankstelle aber selbst den Reifendruck überprüft und festgestellt hatten, dass allesamt die Reifen zu wenig Druck hatten (31 statt wie angegeben 34 psi, wobei ein Reifen sogar nur 29 hatte und dieser vermutlich auch zu der Warnmeldung führte), kamen wir zur der Ansicht, dass unser Auto einfach nur schlecht gewartet war. Ob und inwieweit das stimmt, werden wir aber erst nachher sehen (ich schreibe diese Zeilen kurz vor 5 Uhr morgens), wenn wir das erste Mal wieder mit dem Auto fahren.

Was das schlechte Wetter betrifft, das heißt genauer gesagt die kühlen Temperaturen, hat der Weather Channel gestern Aufklärung geboten. Für gewöhnlich sei es zu dieser Jahreszeit 10 bis 15 Grad wärmer. Super! Vor zwei Jahren, als wir in Texas waren, hatten wir das Glück, dass im November Hitzerekorde gebrochen wurden. Diesmal scheinen wir die gegenteilige Erfahrung machen zu müssen.

Das World War Memorial in IndianapolisNach all den Strapazen - ein Vorfall in Indianapolis hat gestern schon zu Tränen geführt - war ich gestern Abend am Ende meiner Kräfte. Mittlerweile sind wir schon fast eine Woche hier und noch immer warte ich darauf, dass wir endlich durchstarten können, das Wetter endlich mitspielt und der Urlaub, dessen zeitliche Hälfte wir morgen erreicht haben, auch endlich beginnt. Stattdessen zieht er wie ein dunkler Schatten an uns vorbei.

Erschwerend kommt für mich hinzu, so vorteilhaft und komfortabel das auf der anderen Seite auch sein mag, dass wir das Laptop dabei haben. Im Vorfeld des Urlaubs fragte ich mich, ob es Fluch oder Segen sei. Die ersten paar Tage hatte ich das Gefühl, dass sich die beiden Pole die Waage halten, während ich inzwischen doch eher zu Fluch tendiere, weil ich, und da weiß ich, dass ich ganz alleine dafür verantwortlich bin, mich (von mir) unter Druck gesetzt und unfrei fühle.

Sei es mit der täglich ausführlichen Mail an meine Ma, der ich damit eine Freude machen möchte, weil ich weiß, dass meine Zeilen sie für einen Moment aus ihrer Einsamkeit entreißen. Sei es mit dem Zwang, Nachrichten oder Arbeitsmails lesen zu müssen oder auch dem Gefühl, dem Pan bezüglich Bloggen in nichts nachstehen zu wollen. All das frisst Zeit und entzweit uns, wobei der Pan sagt, dass es nicht so sei. Fakt ist aber, dass abends entweder er oder ich am Rechner sitzen, anstatt etwas gemeinsam zu machen, wobei der gestrige Abend aufgrund meiner schlechten Gesamtbefindlichkeit (all die Vorkommnisse des gestrigen Tages schlugen mir auf den Magen) und Tränen eine Ausnahme bildet. Hinzukommt, dass unter diesen Umständen für mich auch der Erholungsfaktor auf der Strecke bleibt, weil ich mittlerweile, wie zuhause, entweder bis spät in die Nacht aufbleibe, um allen Zwängen gerecht zu werden oder eben aber, wie heute Morgen, mir den Wecker bereits um 4 Uhr stelle, damit ich das, was ich gestern Abend nicht erledigt habe, heute früh nachhole, damit der Pan nach dem Aufstehen nicht allzu lange Warten muss.

Und die Aussichten für die nächsten Tage? Schlecht! Egal, wo wir hinfahren! Und DAS ist eigentlich für mich das wirklich Tragische. Letztes Jahr hatten wir etappenweise auch mit schlechtem Wetter, das heißt eiskalten, schließlich war wenigstens der Himmel strahlend blau, zu kämpfen, konnten uns da aber zielgerichtet mit der Hilfe des Weather Channels in wärmere Gefilde retten, was diesmal unmöglich ist, da alle anfahrbaren Ziele unter dieser Regenperiode leiden.

Möglicherweise hat die gestrige Reifenpanne aber auch einfach nur unsere Grundstimmung widergespiegelt, aus der gleichermaßen die Luft draußen ist.

FabianDas Kapitol in IndianapolisDas Kapitol in IndianapolisAbraham Lincoln begrüßt Fabian

In all den Jahren, in denen wir durch die USA reisen, hatte ich schon öfter mal vor, einen kleinen Blog-Beitrag über ein spezielles Thema zu schreiben: sanitäre Einrichtungen. In unserem Fall über Wasser- und Duschhähne sowie über Toiletten.

Warum?

Zum einen, weil ich es absolut verwunderlich finde, wie variantenreich die Möglichkeiten sein können, Wasser an- und abzudrehen beziehungsweise die Temperaturen zu regeln. Normen scheint es diesbezüglich jedenfalls nicht zu geben. Ich kann die Anzahl der Bundesstaaten, die wir bisher aufgesucht haben, nicht genau beziffern, glaube aber so um die 22 bis 23, wobei die erwähnten Unterschiede ja nichts mit den Bundesstaaten zu tun haben, da diese auch von Ort zu Ort und sogar von Motel zu Motel variieren. Ich wollte, ohne anzugeben, auch nur andeuten, dass wir schon ein wenig des großen Landes gesehen haben, mit unserer Ansicht zwar nicht repräsentativ sind, aber eben doch ein wenig Erfahrung gewinnen konnten. Manchmal müssen wir wirklich ein bisschen experimentieren, wenn meist auch nur kurz, um das Wasser zum Fließen zu bringen.

Vielleicht, wenn es nicht so albern und unnütz wäre, sollte ich das ganze mal fotografisch zu dokumentieren beginnen. An 30 bis 40 unterschiedlichen Versionen haben wir uns gewiss schon versucht.

Zum anderen, dies betrifft das Thema Toiletten, weil man den Amerikanern laut Klischee nachsagt, dass sie prüde sind, die öffentlichen Toiletten im Vergleich zu den deutschen dann aber aufgrund ihrer doch recht offenen Bauweise und der Tatsache, dass die Tür erst in Kniehöhe beginnt, wenig Privatsphäre bieten.

Und noch etwas zum Thema Toiletten, das ich persönlich widerlich bis eklig finde, das sowohl öffentliche als auch jene, längst nicht alle, aber doch etliche in den Hotels und Motels, in denen wir übernachten, betrifft: Toiletten, die keinen Klodeckel haben.

Nein, ich will mich damit nicht über die Amerikaner stellen, warum auch? Sie werden gewiss einen guten Grund dafür haben, warum sie das so praktizieren. Wäre ich hier aufgewachsen, würde ich zunächst nichts anderes kennen und mich, würde ich Deutschland besuchen, vielleicht fragen, warum die Deutschen so umständlich sind. Alles eine Frage der Gewöhnung.

[30. September, 23.21 Uhr amerikanischer Zeit]

Nein, kein Smalltalk! Auch wenn es einmal mehr ums Wetter, derzeit DAS bestimmende Thema des Urlaubs, geht. Allmählich bin ich es auch schon leid, darüber zu berichten, wenngleich es doch einer der Komponenten ist, mit der für mich ein Urlaub steht und fällt.

Was ich damit sagen möchte?

Dass der heutige Morgen wettermäßig so anfing, wie er gestern Abend endete: kalt, neblig und verregnet, kurzum: grausam. Dabei hatten wir im Vorfeld noch einmal nach der Wettervorhersage gegoogelt, die uns, was die Temperaturen betraf, zumindest einen kleinen Hoffnungsschimmer gab. Nach dem ersten direkten Frischluftkontakt am Morgen wurde jener aber jäh zerstört. Adrett in die schicke Schale meines Lieblingshemdes gebettet und mich voller Tatendrang auf die noch zwei Autostunden entfernt gelegene und für heute geplant zu besichtigende Stadt Cincinnati gefreut, wich eben genau jene Freude innerhalb von Sekunden einem Frust. Nicht nur, dass ich innerhalb von Sekunden zu frieren begann. Nein, es regnete auch einfach weiter. Endlos, so als wollte man über uns den gesamten Inhalt aller Weltmeere vergießen.

Tim in seiner schicken Latzhose.Aber lassen wir das. Switchen wir zeitmäßig einfach ein wenig weiter, um von Erfreulicherem zu erzählen. Dem Besuch im Outlet-Center, in welchem wir heute unsere Kids für sagenhaft umgerechnete 2,34 Euro neu einkleideten. Kein Scherz! Im „The Children’s Place“ waren etliche Kleidungsstücke aus der Babyabteilung, die vorher zwischen 12 und 15 Dollar gekostet haben, auf erfreulich wenigere Cents reduziert, weshalb unser lieber Tim mit einer ihm vortrefflich kleidenden Latzhose zuzüglich passenden Hütchen, Liselle mit einer schmucken Bluse und Fabi mit einem sportlichen Shirt ausstaffiert wurden. Wie sagte der Pan daraufhin? „Wenn wir schon draußen keinen Sonnenschein haben, holen wir uns diesen eben ins Auto“. Und genau in selbigem war daraufhin die Stimmung aufgrund unserer Laufsteg-Helden im höchsten Maße erheiternd.

Und Cincinnati?

Nun, um ganz ehrlich zu sein: Diese Stadt, in der die Armut der Bevölkerung partiell ganz offensichtlich und teilweise auch persönlich aufdrängend und beängstigend ist, muss man nicht gesehen haben. Möglicherweise, aber das mutmaße ich jetzt auch nur, sind die sozialen Probleme innerhalb Cincinnatis auch mit ein Grund, warum die Zahl der rund 300.000 Einwohner zählenden Stadt innerhalb der letzten Jahre immer mehr schwand. Dabei hatte ich mir von der Chiquita-Stadt, zu deren Söhnen unter anderem der Regisseur Steven Spielburg oder auch das lebende Symbol des Böses, Charles Manson, sowie als Tochter Doris Day zählen, mehr erhofft. Nun gut. Für Baseballfans lohnt sich hingegen ein kleiner Abstecher zum 2003 eröffneten „Great American Ball Park“, dem Stadion der Baseball-Mannschaft Cincinnatis Reds.

Trostloser Blick auf Cincinnati.Mit ein paar obligatorischen und einmal mehr trüben „Ich-war-hier-Fotos“ verließen wir um 16.15 Uhr bei lichter werdendem Himmel die Stadt. Zu diesem Zeitpunkt lagen noch zwei weitere Autostunden Fahrt bis zum geplanten Etappenziel des Tages, Indianapolis, vor uns. Tja, was soll ich sagen? Ich habe ihn zwar nicht gesehen, aber er, der Wolkeneinsammler, muss wohl mit seinem putzfreudigen Besen und dem ganz großen Rucksack unterwegs gewesen sein, denn schließlich waren sie, die Wolken und die schwarze Tristesse, mit einem Mal fast weg und ließen einen beinahe makellosen blauen Himmel zurück, unter dem sich die Fahrt Richtung Indianapolis endlich auch mal wie eine Szene aus unseren früheren Urlauben anfühlte. Göttlich! Möge es hoffentlich so bleiben! Dabei weiß ich schon heute, dass es ab Freitag, wenn wir Chicago erreichen, wieder schlechter werden soll.

Wie gerne würde ich mich diesbezüglich eines Besseren belehren lassen!

Triste Stadtansicht von Pittsburgh.Nein, auch heute war er, der Wettergott, uns nicht hold. Ganz im Gegenteil! Keine Ahnung, wer ihn dermaßen verstimmt hat, aber unter schön, herbstlich oder gar urlaubsfreundlich verstehe ich wahrlich etwas anders. So allmählich glaube ich sogar, dass wir unabsichtlich ein weitflächiges Netz ausgeworfen haben, in dem sich der Hüter des Wetters verfangen hat, weswegen er so schmollt und grollt. Die fröstelnden Temperaturen des Tages erinnerten zudem mehr an den vor uns liegenden Winter und der Farbe des Himmels nach zu urteilen, hatte selbiger erst jüngst ein inniges Tête-à-tête mit einem Schornsteinfeger.

Der Kälte und des eisigen Windes wegen, dem ich mich auch in zwei Jacken gehüllt nicht erwehren konnte, hatte ich heute Morgen eigentlich schon gar keine große Lust mehr, nach Pittsburgh zu fahren, was im Nachhinein betrachtet echt schade gewesen wäre, da die Stadt mir – unter den üblich gewünschten blauen-Himmel-Bedingungen - mit den verspielten Formen und Farben der Gebäude und weiteren städtebaulichen Konstellationen ein wahres Eldorado an Motiven geboten hätte, die ich nun zwar zum Teil auch digital gebannt habe, dafür aber leider im grau-weißen Einheitsbrei, der völlig flairlos ist. Das Fotografenherz einmal zur Seite genommen und stattdessen ein wenig meine Phantasie bemüht, wie es vor Ort aussehen könnte, wenn, … erfreute mich der Aufenthalt in der 334.000 Einwohner zählenden Stadt aber doch sehr.

Am Nachmittag besuchten wir schließlich das sich in einem Industriegebäude auf sieben Etagen erstreckende Andy Warhol Museum, dank Presseausweis sogar kostenfrei! Wirklich viel zu sehen gab es aufgrund von Umbauarbeiten der Wechselausstellung, eines derzeit grundsätzlich komplett geschlossenen Stockwerkes und einer Sonderausstellung zum kürzlich hier stattgefundenen G20-Gipfel aber nicht, weshalb ich mich gewiss geärgert hätte, wenn ich die 15 Dollar Eintritt bezahlt hätte. Dem Besucher gegenüber wäre es meines Erachtens aber nur fair, ihm unter diesen eingeschränkten Bedingungen nicht den kompletten Eintrittspreis abzuverlangen.

Blick in die Eingangshalle des Andy Warhol Museums-Und was gab’s zu sehen? Klassiker, wie zum Beispiel die Bilder von Marilyn Monroe, Elvis Presley oder die Abbildung der Campbell's Soup Konservendose, darüber hinaus aber auch Drucke, Zeichnungen, Skulpturen und Filme. Nicht zu vergessen seine „Zeitkapseln“, mit denen Warhol (1928-1987) heute noch immer für Überraschungen sorgt. In diesen so genannten "Time Capsules", Pappkartons, sammelte der schillernde Andy Warhol, der bis zu seinem 21. Jahr in Pittsburgh verweilte, übrigens alles, was ihm in die Hände kam: Salzstreuer oder Teller, die er auf dem Flohmarkt ersteigerte, die Schuhe des Schauspielers Clark Gable oder ein Diamantring, kurzum Alles, was ihm interessant und bewahrenswert erschien. Erstaunlich fand ich, dass von den über 600 Kartons mit Kunst und Krams, die Warhol, der bereits über 20 Jahre tot ist, hinterlassen hat, bis heute – mangels Personal – nur zirka die Hälfte geöffnet wurden.

Nach dem mehr oder minder gemütlichen (bei der Kälte!) Spaziergang zum Auto zurück, setzten wir unsere Weiterfahrt nach Chicago noch dreieinhalb Stunden fort, um in Columbus in einem ungewöhnlich-gewöhnlichen sowie vorteilhafterweise kostengünstigen Motel, das – wie ich an einer an der Wand hängenden Urkunde erkennen konnte - den Preis zum Helden der Gastfreundschaft erhielt, Halt zu machen, wo wir auch unsere nächtlichen Zelte aufgeschlagen haben, damit wir morgen umso gestärkter nach Cincinnati starten können.

 

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