Urlaub

Ursprünglich hatten wir uns für heute vorgenommen, uns das aus drei Wasserfällen bestehende Naturspektakel, welches allein durch seine Länge, Form und den gewaltigen Wassermassen zu den schönsten Wasserfällen der Erde zählen sollen, sowohl von der amerikanischen als auch kanadischen Seite anzusehen, da sich die beiden Länder das nasse Wunder teilen. Mit den Reisepässen in der Tasche wäre es ein Leichtes gewesen, die beiden Länder trennende Rainbow-Bridge zu Fuß zu überqueren, doch nachdem wir so nass uns durchgefroren waren, unterließen wir dieses Vorhaben, gleichwohl der Reiseführer sagt, dass man besonders von der kanadischer Seite einen grandiosen Blick über die Abbruchkante der Horseshoe Falls hätte, aber wir waren auch so schon ganz zufrieden.

Umgehauen in dem Sinne hat mich das grandiose Schauspiel der größten Elektrizitätserzeuger der Welt aber nicht. Vielleicht war es auch hier einmal mehr so, dass meine Erwartung im Vorfeld einfach zu groß war, weil ich soviel darüber gelesen hatte oder ich durch den Besuch des Rheinfalls in Schaffhausen letztes Jahr noch etwas wesentlich Spektakuläreres vorzufinden glaubte. Möglicherweise trübte aber auch ein gesundheitliches Tief, das mich die erste Hälfte des Tages peinigte, meine Wahrnehmungsfähigkeit.
Die kommenden beiden Tage fahren wir - leider noch immer auf kostenpflichtigen Toll-Roads - weiter ostwärts, Richtung Boston, das noch gut sechs Autostunden von uns entfernt liegt. Auf der Hälfte des Weges wollen wir in Albany, der Hauptstadt des Bundesstaates New York, eine Sightseeing-Rast einlegen. Nachdem für morgen aber wieder mal Regen angekündigt ist, fahren wir morgen möglicherweise auch ganz durch bis nach Boston. Mal sehen, wie es kommt. Heute Abend fanden wir, bevor wir hier in Syracuse eincheckten, ja auch mal wieder völlig überraschend ein Outlet-Center am Straßenrand, dem wir einen kurzen Besuch abstatteten.
So allmählich kommen bedauerlicherweise auch schon die ersten Gedanken an den Heimflug am Samstag, die ich aber soweit wie möglich zu verdrängen versuche. Berufsurlauber müsste man sein.
Der heutige Tag war vornehmlich einer, den wir auf der Straße verbracht haben. Rund 550 Kilometer - man bedenke die amerikanischen Geschwindigkeitsbegrenzungen - sind wir weiter Richtung Osten von Elkhart über Cleveland bis nach Erie gefahren, wo wir heute Nacht einmal mehr einen kleinen Zwischenstopp einlegen, bevor wir morgen nach dem Frühstück weiter Richtung Buffalo aufbrechen, um uns unweit von dort, ob von der kanadischen oder amerikanischen Seite wissen wir noch nicht, die Niagara Fälle anzusehen.
Was das „Unvornehmliche“ des heutigen Tages betrifft, sprich die Stunden, die wir nicht auf der Straße verbracht haben, handelt es sich hierbei um zwei zweistündige Unterbrechungen. Die erste davon haben wir in einem zufällig am Straßenrand von Angola - nein, nicht dem knapp 16 Millionen Einwohner großen Land im Südwesten Afrikas, obwohl wir des Scherzes wegen für einem Moment so taten, vielmehr einer kleinen, 7300 Einwohner zählenden Universitätsstadt in Indiana - entdeckten Outlet-Center verbracht, in welchem heute einmal der Pan reichlich Ware für wenig Dollar erhielt, wobei auch ich Dank „Clearing“ ein Paar Marken-Turnschuhe für erfreuliche 11 Euro erhielt.

Unterhaltsam war im Übrigen auch noch das Gespräch mit einem super lieben Sicherheitsbeamten der Stadt, der uns kurz nachdem wir den geparkten Wagen verlassen hatten, begegnete. Mit unserem lieblichen Charmebolzen Tim auf dem Arm hatten wir natürlich alle Sympathien auf unserer Seite, wodurch sich die Unterredung fröhlich und kurzweilig gestaltete. Zum Abschied gab’s neben den besten Erkundungswünschen für die Stadt und der Information, dass er künftig auch seinen Teddy mit auf Reisen zu nehmen gedenkt, da ihm unsere Idee (und natürlich Tim) so gut gefiel, für uns alle drei jeweils einen freundschaftlichen „Gib mir 5-Handabklatscher“, mit dem wir beschwingt durch die Straßen schlenderten.
Weihnachten! Und das mitten im Oktober! Nein, es war heute nicht besonders kalt, das heißt anfänglich schon. Bedingt durch den Wind, für den Chicago bekannt ist.
Nein, es war vielmehr so, dass der liebe Wettergott oder einer seiner Abgesandten uns heute den ersten regenfreien und durchweg sonnigen Tag in diesem Urlaub beschert hat, weswegen unsere spontan getroffene Entscheidung, den heutigen Tag vor der Weiterfahrt gen Osten noch einmal in Chicago zu verbringen, goldrichtig war. Und er hat sich soooooo etwas von gelohnt, aber nicht nur das. Nein, er hat darüber hinaus auch für all die vergangenen, gefühlt urlaubslosen Tage entschädigt. Auch wenn ich es natürlich nicht gewusst hätte, was ich verpasst hätte, wenn wir den heutigen Tag nicht erneut Downtown gewesen wären, wäre es eine Sünde sondergleichen gewesen, denn durch die heutige Erfahrung kann ich nun für mich sagen, dass ich die Metropole am Lake Michigan nahtlos neben meine Lieblingssehenswürdigkeiten in den USA, White Sands Nationalpark und Petrified Forest, einreihen kann.


Danach, ich kündigte es weiter oben bereits an, stand noch einmal Grant Park auf dem Programm, der sich uns - eingebettet in wohlgeformte Kumuluswölkchen - heute von seiner schönsten Seite zeigte, wobei ich den Buckingham Brunnen (gestern flüchteten wir des Regens wegen ja bevor wir ihn uns detailliert ansehen konnten) weitaus weniger spektakulär finde, als ich diverse Male darüber gelesen habe. Aber zum Glück sind Geschmäcker ja verschieden, was nicht heißen soll, dass damit ein Besuch dieses Brunnens überflüssig sei, zumal der Weg von hier bis zu einer hübschen Promenade des Lake Michigan, der aufgrund seiner unendlichen Weite eher einem Meer als einem See gleicht, nur ein Katzensprung entfernt ist.
Mittlerweile befinden wir uns schon gut 175 Kilometer östlich von Chicago, in einem nicht weiter erwähnenswerten Ort namens Elkhart, wo wir nur des Übernachtens wegen halt gemacht haben – erfreulicherweise supergünstig! Um unser nächstes Etappenziel, Cleveland, zu erreichen, müssen wir morgen noch fünf weitere Stunden fahren. Heute waren wir dafür zu müde.

Zentral und nicht minder wie über das Wetter verwundert, parkten wir wesentlich günstiger – 8 statt 20 Dollar - als angenommen im Finanzviertel, das an diesem Samstag, gewiss wegen des Wochenendes, an dem hier niemand arbeitet, weitestgehend wie ausgestorben wirkte, da hier so gut wie keine Menschen unterwegs waren und auch keine Cafes und Geschäfte offen hatten. Uns war das natürlich nur recht. Die allgemein günstigeren Parkpreise an den Wochenenden legen die Vermutung nahe, dass das heute keine Ausnahme war. Insofern würde ich all jenen, die Chicago einmal besichtigen wollen, raten, das am Wochenende zu realisieren. Nicht nur, weil die Parkgebühren dann preiswerter sind, nein, erfreulicherweise hält sich auch der Verkehr in Grenzen. Für uns war der heutige Besuch darüber hinaus deswegen von Vorteil, weil es gestern ja auch den ganzen Tag geregnet hat und uns dabei sprichwörtlich gesehen alle Aufnahmen – Fotos wie Video – ins Wasser gefallen wären.
Kennt jemand den Film „Während Du schliefst“ mit Sandra Bullock, die in diesem Film in Chicago lebt und dort als Fahrkartenverkäuferin für die S-Bahn arbeitet und eines Tages zufällig ihrem heimlichen Schwarm auf den Gleisen das Leben rettet? Fast ausnahmslos alle Szenen dieses Films wurden in Chicago gedreht. Jedes Mal dann, wenn über uns irgendwo quietschend und laut lärmend eine S-Bahn im silbernen Kofferlook von Rimowa über uns anrollte, fühlte ich mich in die Kulisse des Filmes versetzt, so als müsste Sandra Bullock gleich irgendwo um die Ecke kommen.
Wie auch immer, …
Zurück zum Finanzviertel, wo wir auf dem kurzen Weg zum Willis Tower (Sears Tower) auch an der „Board of Trade“, der ältesten Terminbörse der Welt, vorbeikamen. Einmal mehr ein paar obligatorische Film- und Fotoszenen eingefangen, diese allerdings mal wieder unter trüben Himmel, erreichten wir schon nach wenigen Minuten das höchste Gebäude der Vereinigten Staaten, vor dem sich - aus für uns nicht nachvollziehbaren Gründen - etliche blinkende Feuerwehrautos und Krankenwagen befanden, diese jedoch allesamt menschenleer. Die Gunst der Gelegenheit nutzend und den leuchtend-neugierigen Augen unseres kleinen Tims gerecht werdend, kam ich nicht umhin, ihn auf diesem abenteuerlichen Schauplatz dokumentierend festzuhalten.

Als wir den Willis Tower schließlich gänzlich beeindruckt verließen, zeigte sich das Wetter leider auch schon wieder in Schmolllaune, von der wir uns aber nicht anstecken ließen. Das Gute hoffend liefen wir nach einem wärmenden Starbucks Kaffee weiter. Eigentlich waren wir ja auf der Suche nach dem Millenium Park, landeten dann aber unverhofft und zunächst glaubend in selbigem zu sein, im Grant Park, in dem an diesem Wochenende ein Country Music Festival stattfindet. Der Musik ein wenig lauschend und die skurrilen Momente in Bild und Ton eingefangen, schlenderten wir zunächst weiter, allerdings nicht sehr weit, da uns ein starker Regenguss von oben davon abhielt, weswegen wir in ein Zelt flüchteten, in dem zunächst ein recht einsamer, was das Publikum betrifft, Musiker seine Songs zum Besten gab. Aufgrund des Regens dauerte es allerdings nicht lange, bis sich das Zelt füllte.
Als der Regen wieder nachließ und ich einen Polizisten gezielt danach fragte, erfuhr ich auch, dass wir gar nicht im Millenium Park, sondern im Grant Park sind. Hier, wo auch der Buckingham Brunnen, der mit seiner Fontäne als die größte illuminierte Wasseranlage der Welt gilt, seine Heimat hat. Leider offenbarte sich uns das beliebte Ausflugsziel unter gänzlich grauem Himmel, der kurz nach unserem Erscheinen auch wieder seine Pforten öffnete, weswegen wir völlig fröstelnd und durchnässt beschlossen, zum Auto zurückzugehen, uns wärmer anzuziehen und dann wiederzukehren, schließlich wollte ich ja noch den richtigen Millenium Park sehen. Da der Regen aber immer stärker wurde und ich unter solchen Bedingungen keine Fotos mache, verwarfen wir dann aber dieses Vorhaben. Aufgrund der fortgeschrittenen Zeit, machte übrigens auch unser Plan B, der Besuch des Shedd Aquariums, keinen Sinn mehr.
Was mich im Nachhinein – ich habe jetzt hier noch ein wenig im Internet recherchiert - ein bisschen ärgert, ist die Tatsache, dass wir uns einen sehenswerten Leckerbissen, an dem wir auch noch vorbeiliefen und den ich ihn von außen bewunderte, haben entgehen lassen. Fatalerweise lag die Harold Washington Library, ein rotes Backsteingebäude mit zahlreichen Ornamenten, direkt auf unserem Rückweg zum Auto. Leider wusste ich zu diesem Zeitpunkt aber weder, dass die größte, der Öffentlichkeit zugängliche Bibliothek der Welt zu diesem Zeitpunkt besuchbar war noch dass sie mit mehr als zwei Millionen Bänden die größte und eindruckvollste Sammlung der Welt beherbergt, weswegen sie auch im Guiness Buch der Rekorde steht.
Naja, jetzt können wir es sowieso nicht mehr ändern, denn morgen treten wir unsere lange Reise gen Osten an.


Sonne! Man glaubt es kaum. So sieht Chicago also unter blauem Himmel aus. Dummerweise brauchen wir von hier mindestens eine, wenn nicht sogar eineinhalb Stunden bis zur Innenstadt, und bis dahin ist die Sonne ganz gewiss wieder gewichen. So war es schon ein paar Mal in diesem Urlaub. Aber wir werden es versuchen!
Kleiner Nachtrag zu der gestrigen „Reifen-Panne“: Unsere Annahme, dass unser Leihwagen nur schlecht gewartet war, hat sich zum Glück bestätigt, das heißt bis dato – und heute sind wir 160 Kilometer quer durch Chicago gefahren, aber dazu gleich mehr – hat es keine weitere Warnmeldung mehr gegeben.


Morgen, es soll übrigens wieder regnen (wer hätte das gedacht?), werden wir aber auf jeden Fall in die Parkplatz horrend teure Innenstadt fahren. Wenn es denn tatsächlich mal eine Regenpause geben sollte, würde ich, aber das schrieb ich weiter oben bereits, gerne auf das Skydeck des Willis Tower gehen und mir zudem den Millenium Park, ein weitläufiges Areal, das zahlreiche Kunstgegenstände enthält, ansehen. Falls alle Stricke reißen, sprich das regnerische Schauerspiel kein Ende findet, besuchen wir das Shedd Aquarium, das nicht nur eine der ältesten (1929), sondern gleichzeitig auch die größte überdachte Unterwasserlandschaft der Welt ist.
Nass (hinter der Scheibe) ist es hier zwar auch, aber hier dienen die Wassermassen wenigstens einem sinnvollen Zweck: die Lebenswelten von mehr als 8000 Tieren, die das Element Wasser ihr Eigen nennen, zu erläutern und begreifbar zu machen.
In der Zeit sind wir gestern gesprungen (von der Eastern Standart Time zur Central Standard Time), womit unsere temporäre Verschiebung zu Deutschland nun nicht mehr minus sechs, sondern minus sieben Stunden beträgt. Beim Wetter hingegen ist leider alles beim Alten geblieben.


Ganz ehrlich?
Mittlerweile habe ich für diesen Urlaub die Hoffnung aufgegeben. Eigentlich tauchen wir nur in ganz kleine, regenlose Zeitlöcher ein, die überwiegende Zeit scheint der Himmel sein Inkontinenz-Problem nicht geregelt zu bekommen. Kurzum, und jetzt wird’s sprachlich unschön, es pisst. Unaufhörlich. Gestern Abend - auf der allein zweistündigen Fahrt nur durch das weitflächige Chicago - entleerte sich über uns sogar ein vor Wut wild tobendes Gewitter, in dem wir, völlig müde und erschöpft vom Tag, aufgrund der Annahme eines platten Reifen (das Display im Cockpit alarmierte uns mit „low pressure“) im strömendem Regen das Problem zu lösen versuchten. Warum wir nicht gewartet haben, bis der Regen nachließ? Hätten wir ja gerne, haben es auch versucht, doch er ließ nicht nach.
Wer schon einmal vor einem ähnlichen Problem in den USA stand, weiß, dass das Luftdruck überprüfen und das Luft nachfüllen hier anders funktioniert als in Deutschland, wobei ich, da wir letztes Jahr gleichermaßen damit konfrontiert wurden, seit gestern sagen kann, dass es hier, wie bei den sanitären Anlagen, verschiedene Varianten gibt. Die, der wir gestern begegneten, war uns neu. Wir mussten uns - getreu dem Motto: umsonst ist nur der Tod – zunächst einmal einen Luftdrucküberprüfer kaufen, um den vorhandenen Druck der Reifen überhaupt erst einmal ermitteln zu können. Im Anschluss hieß es, ähnlich wie bei uns die Staubsauger an Autowaschanlagen, den Automaten mit der kostbaren Luft mit Geld zu füttern, um dann, wie von der Tarantel gestochen, um das Auto herumzurasen. Einerseits, um möglichst wenig nass zu werden, andererseits, um den Automaten nicht unendlich mit Coins zu füttern.
Vielleicht wäre das alles nicht weiter erwähnenswert oder unter dem Thema „Shit happens“ zu verbuchen, da wir aber bei der Autoübernahme eine „Platte-Reifen-Zusatzversicherung“, die uns 5 Dollar pro Tag gekostet hätte, abgelehnt haben, wunderten wir uns schon. Wie hatte der Alamo-Mann gesagt? „Wenn Sie unterwegs ohne diese Zusatzversicherung einen platten Reifen bekommen und wir dann kommen und den Reifen ersetzen müssen, kostet Sie das 250 Dollar“. Ich weiß, dass es absurd klingt, aber für einen Moment haben wir uns schon gefragt, ob wir ganz gezielt, einen flat-tire-Kandidaten als Wagen erhielten. Nachdem wir an der Tankstelle aber selbst den Reifendruck überprüft und festgestellt hatten, dass allesamt die Reifen zu wenig Druck hatten (31 statt wie angegeben 34 psi, wobei ein Reifen sogar nur 29 hatte und dieser vermutlich auch zu der Warnmeldung führte), kamen wir zur der Ansicht, dass unser Auto einfach nur schlecht gewartet war. Ob und inwieweit das stimmt, werden wir aber erst nachher sehen (ich schreibe diese Zeilen kurz vor 5 Uhr morgens), wenn wir das erste Mal wieder mit dem Auto fahren.
Was das schlechte Wetter betrifft, das heißt genauer gesagt die kühlen Temperaturen, hat der Weather Channel gestern Aufklärung geboten. Für gewöhnlich sei es zu dieser Jahreszeit 10 bis 15 Grad wärmer. Super! Vor zwei Jahren, als wir in Texas waren, hatten wir das Glück, dass im November Hitzerekorde gebrochen wurden. Diesmal scheinen wir die gegenteilige Erfahrung machen zu müssen.
Nach all den Strapazen - ein Vorfall in Indianapolis hat gestern schon zu Tränen geführt - war ich gestern Abend am Ende meiner Kräfte. Mittlerweile sind wir schon fast eine Woche hier und noch immer warte ich darauf, dass wir endlich durchstarten können, das Wetter endlich mitspielt und der Urlaub, dessen zeitliche Hälfte wir morgen erreicht haben, auch endlich beginnt. Stattdessen zieht er wie ein dunkler Schatten an uns vorbei.
Erschwerend kommt für mich hinzu, so vorteilhaft und komfortabel das auf der anderen Seite auch sein mag, dass wir das Laptop dabei haben. Im Vorfeld des Urlaubs fragte ich mich, ob es Fluch oder Segen sei. Die ersten paar Tage hatte ich das Gefühl, dass sich die beiden Pole die Waage halten, während ich inzwischen doch eher zu Fluch tendiere, weil ich, und da weiß ich, dass ich ganz alleine dafür verantwortlich bin, mich (von mir) unter Druck gesetzt und unfrei fühle.
Sei es mit der täglich ausführlichen Mail an meine Ma, der ich damit eine Freude machen möchte, weil ich weiß, dass meine Zeilen sie für einen Moment aus ihrer Einsamkeit entreißen. Sei es mit dem Zwang, Nachrichten oder Arbeitsmails lesen zu müssen oder auch dem Gefühl, dem Pan bezüglich Bloggen in nichts nachstehen zu wollen. All das frisst Zeit und entzweit uns, wobei der Pan sagt, dass es nicht so sei. Fakt ist aber, dass abends entweder er oder ich am Rechner sitzen, anstatt etwas gemeinsam zu machen, wobei der gestrige Abend aufgrund meiner schlechten Gesamtbefindlichkeit (all die Vorkommnisse des gestrigen Tages schlugen mir auf den Magen) und Tränen eine Ausnahme bildet. Hinzukommt, dass unter diesen Umständen für mich auch der Erholungsfaktor auf der Strecke bleibt, weil ich mittlerweile, wie zuhause, entweder bis spät in die Nacht aufbleibe, um allen Zwängen gerecht zu werden oder eben aber, wie heute Morgen, mir den Wecker bereits um 4 Uhr stelle, damit ich das, was ich gestern Abend nicht erledigt habe, heute früh nachhole, damit der Pan nach dem Aufstehen nicht allzu lange Warten muss.
Und die Aussichten für die nächsten Tage? Schlecht! Egal, wo wir hinfahren! Und DAS ist eigentlich für mich das wirklich Tragische. Letztes Jahr hatten wir etappenweise auch mit schlechtem Wetter, das heißt eiskalten, schließlich war wenigstens der Himmel strahlend blau, zu kämpfen, konnten uns da aber zielgerichtet mit der Hilfe des Weather Channels in wärmere Gefilde retten, was diesmal unmöglich ist, da alle anfahrbaren Ziele unter dieser Regenperiode leiden.
Möglicherweise hat die gestrige Reifenpanne aber auch einfach nur unsere Grundstimmung widergespiegelt, aus der gleichermaßen die Luft draußen ist.




Warum?
Zum einen, weil ich es absolut verwunderlich finde, wie variantenreich die Möglichkeiten sein können, Wasser an- und abzudrehen beziehungsweise die Temperaturen zu regeln. Normen scheint es diesbezüglich jedenfalls nicht zu geben. Ich kann die Anzahl der Bundesstaaten, die wir bisher aufgesucht haben, nicht genau beziffern, glaube aber so um die 22 bis 23, wobei die erwähnten Unterschiede ja nichts mit den Bundesstaaten zu tun haben, da diese auch von Ort zu Ort und sogar von Motel zu Motel variieren. Ich wollte, ohne anzugeben, auch nur andeuten, dass wir schon ein wenig des großen Landes gesehen haben, mit unserer Ansicht zwar nicht repräsentativ sind, aber eben doch ein wenig Erfahrung gewinnen konnten. Manchmal müssen wir wirklich ein bisschen experimentieren, wenn meist auch nur kurz, um das Wasser zum Fließen zu bringen.
Vielleicht, wenn es nicht so albern und unnütz wäre, sollte ich das ganze mal fotografisch zu dokumentieren beginnen. An 30 bis 40 unterschiedlichen Versionen haben wir uns gewiss schon versucht.
Zum anderen, dies betrifft das Thema Toiletten, weil man den Amerikanern laut Klischee nachsagt, dass sie prüde sind, die öffentlichen Toiletten im Vergleich zu den deutschen dann aber aufgrund ihrer doch recht offenen Bauweise und der Tatsache, dass die Tür erst in Kniehöhe beginnt, wenig Privatsphäre bieten.
Und noch etwas zum Thema Toiletten, das ich persönlich widerlich bis eklig finde, das sowohl öffentliche als auch jene, längst nicht alle, aber doch etliche in den Hotels und Motels, in denen wir übernachten, betrifft: Toiletten, die keinen Klodeckel haben.
Nein, ich will mich damit nicht über die Amerikaner stellen, warum auch? Sie werden gewiss einen guten Grund dafür haben, warum sie das so praktizieren. Wäre ich hier aufgewachsen, würde ich zunächst nichts anderes kennen und mich, würde ich Deutschland besuchen, vielleicht fragen, warum die Deutschen so umständlich sind. Alles eine Frage der Gewöhnung.
Nein, kein Smalltalk! Auch wenn es einmal mehr ums Wetter, derzeit DAS bestimmende Thema des Urlaubs, geht. Allmählich bin ich es auch schon leid, darüber zu berichten, wenngleich es doch einer der Komponenten ist, mit der für mich ein Urlaub steht und fällt.
Was ich damit sagen möchte?
Dass der heutige Morgen wettermäßig so anfing, wie er gestern Abend endete: kalt, neblig und verregnet, kurzum: grausam. Dabei hatten wir im Vorfeld noch einmal nach der Wettervorhersage gegoogelt, die uns, was die Temperaturen betraf, zumindest einen kleinen Hoffnungsschimmer gab. Nach dem ersten direkten Frischluftkontakt am Morgen wurde jener aber jäh zerstört. Adrett in die schicke Schale meines Lieblingshemdes gebettet und mich voller Tatendrang auf die noch zwei Autostunden entfernt gelegene und für heute geplant zu besichtigende Stadt Cincinnati gefreut, wich eben genau jene Freude innerhalb von Sekunden einem Frust. Nicht nur, dass ich innerhalb von Sekunden zu frieren begann. Nein, es regnete auch einfach weiter. Endlos, so als wollte man über uns den gesamten Inhalt aller Weltmeere vergießen.

Und Cincinnati?
Nun, um ganz ehrlich zu sein: Diese Stadt, in der die Armut der Bevölkerung partiell ganz offensichtlich und teilweise auch persönlich aufdrängend und beängstigend ist, muss man nicht gesehen haben. Möglicherweise, aber das mutmaße ich jetzt auch nur, sind die sozialen Probleme innerhalb Cincinnatis auch mit ein Grund, warum die Zahl der rund 300.000 Einwohner zählenden Stadt innerhalb der letzten Jahre immer mehr schwand. Dabei hatte ich mir von der Chiquita-Stadt, zu deren Söhnen unter anderem der Regisseur Steven Spielburg oder auch das lebende Symbol des Böses, Charles Manson, sowie als Tochter Doris Day zählen, mehr erhofft. Nun gut. Für Baseballfans lohnt sich hingegen ein kleiner Abstecher zum 2003 eröffneten „Great American Ball Park“, dem Stadion der Baseball-Mannschaft Cincinnatis Reds.

Wie gerne würde ich mich diesbezüglich eines Besseren belehren lassen!

Der Kälte und des eisigen Windes wegen, dem ich mich auch in zwei Jacken gehüllt nicht erwehren konnte, hatte ich heute Morgen eigentlich schon gar keine große Lust mehr, nach Pittsburgh zu fahren, was im Nachhinein betrachtet echt schade gewesen wäre, da die Stadt mir – unter den üblich gewünschten blauen-Himmel-Bedingungen - mit den verspielten Formen und Farben der Gebäude und weiteren städtebaulichen Konstellationen ein wahres Eldorado an Motiven geboten hätte, die ich nun zwar zum Teil auch digital gebannt habe, dafür aber leider im grau-weißen Einheitsbrei, der völlig flairlos ist. Das Fotografenherz einmal zur Seite genommen und stattdessen ein wenig meine Phantasie bemüht, wie es vor Ort aussehen könnte, wenn, … erfreute mich der Aufenthalt in der 334.000 Einwohner zählenden Stadt aber doch sehr.
Am Nachmittag besuchten wir schließlich das sich in einem Industriegebäude auf sieben Etagen erstreckende Andy Warhol Museum, dank Presseausweis sogar kostenfrei! Wirklich viel zu sehen gab es aufgrund von Umbauarbeiten der Wechselausstellung, eines derzeit grundsätzlich komplett geschlossenen Stockwerkes und einer Sonderausstellung zum kürzlich hier stattgefundenen G20-Gipfel aber nicht, weshalb ich mich gewiss geärgert hätte, wenn ich die 15 Dollar Eintritt bezahlt hätte. Dem Besucher gegenüber wäre es meines Erachtens aber nur fair, ihm unter diesen eingeschränkten Bedingungen nicht den kompletten Eintrittspreis abzuverlangen.

Nach dem mehr oder minder gemütlichen (bei der Kälte!) Spaziergang zum Auto zurück, setzten wir unsere Weiterfahrt nach Chicago noch dreieinhalb Stunden fort, um in Columbus in einem ungewöhnlich-gewöhnlichen sowie vorteilhafterweise kostengünstigen Motel, das – wie ich an einer an der Wand hängenden Urkunde erkennen konnte - den Preis zum Helden der Gastfreundschaft erhielt, Halt zu machen, wo wir auch unsere nächtlichen Zelte aufgeschlagen haben, damit wir morgen umso gestärkter nach Cincinnati starten können.