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Der 72 Meter hohe Turm im Olympiastadion bietet eine umfassende Aussicht über die Stadt.Das erste, was wir heute gemacht haben, als wir das Hotel verließen, war Pan eine schützende Kopfbedeckung zu organisieren, da er seine zuhause vergessen hat und die gestrige Sonne ihn abends nach eigenem Bekunden wie ein „Streichholz“ hat aussehen lassen. Dümmlicherweise ist mir das gestern unterwegs aber nicht aufgefallen, weil wir aufgrund der starken Helligkeit und der Sonneneinstrahlung ohnehin meist mit verkniffenen Augen durch die Stadt zogen.
Als Pan es dann zu spüren begann, waren wir leider schon auf der Festungsinsel, wo es weder Sonnencreme noch Kopfbedeckungen gab. Ausstaffiert mit einer schicken Kappe, die zudem günstig war, machten wir einen kurzen Abstecher am Bahnhof, um uns in Roberts Kaffee eine vorzügliche Cafe Latte zu gönnen, die wir gestern Abend das erste Mal genossen. Ähnlich wie beim Dom, wenn auch nicht in solch einem ausgeprägten Maße, spielt das Bauwerk Bahnhof mit Gegensätzen, nämlich einem funktional gestalteten Inneren und – dies trifft aber nur auf die vordere Fassade zu – einem schmucken Äußeren mit monumental steinernen Lampenträgern, die die Wahrzeichen des Bahnhofs sind.

Von hier setzten wir unsere Besichtigungstour auf sehr komfortable Art fort, nämlich mit der Straßenbahnlinie 3T, später mit der 3 B, die die selbe Strecke in entgegengesetzter Richtung fährt. Vorteilhaft an diesen Rundlinien ist die Tatsache, dass die Strecken in Form einer Acht viele touristische Highlights streifen.

Fabi und Bob im spielerischen Nahkampf.Am Olympiastadion stiegen wir dann aber aus, um uns den Schauplatz großer Ereignisse, die im Jahre 1952 bei den XV. Olympischen Sommerspielen ihren Höhepunkt fanden, anzusehen. Wirklich sehenswert ist dort meines Erachtens aber nur der 72 Meter hohe Stadionturm, der eine umfassende Aussicht über die Stadt bietet. Wesentlich unterhaltsamer fand ich dagegen zwei junge Männer, die auf einer kleinen Wiese so etwas wie Kapoeira praktizierten, was an sich nicht weiter erwähnenswert gewesen wäre, wenn, ja wenn unsere Kleinen das nicht zum Nachmachen animiert hätte. In absehbarer Zeit wird auf deren Seite aber auch ein Film davon zu sehen sein. Wir hatten auf jeden Fall großen Spaß.

Auf dem Weg zur Felsenkirche, unserem nächsten Ziel, auf das ich wirklich gespannt war, streiften wir unverhofft auch die Finnische Nationaloper, deren schneeweißes Gebäude jedoch eher Hochschulcharakter aufweist als Kultur verströmt. Im Stadtteil Töölö angekommen offenbarte sich uns schließlich die geheiligte Stätte, die im Reiseführer mit einem eher abscheulichen Foto von einem Besuch abhielt, obwohl die Information, dass der runde Kirchenraum in den Fels hineingesprengt wurde, schon allein der absurden Idee wegen ein Muss für uns darstellte. Tja, was soll ich sagen? Die Szenerie fotografisch ansprechend darzustellen, ist auch mir nicht gelungen, weshalb ich ungeachtet dessen aber trotzdem jedem Helsinki-Besucher empfehlen würde, diesen Weg nach Töölö auf sich zu nehmen, zumal der Fels, der die Wände bildet, ja auch noch „lebt“ und es durchaus beeindruckend ist, feuchte Wände zu spüren, die nichts mit baulichen Mängeln zu tun haben. Interessant ist darüber hinaus die Möglichkeit, sich die Felskirche von oben anzuschauen, die man über die äußeren Felsen erklimmen kann und darf.

Von Wildblumen bewachsene Felsen im Brunnenpark, die zum Verweilen einladen.Nachdem wir zu diesem Zeitpunkt (17.30 Uhr) zu unserem großen Bedauern festgestellt haben, dass das Freiluftmuseum heute schon um 17 Uhr geschlossen hat, entschieden wir uns kurzerhand und alternativ für den Brunnenpark, dessen Name nichts mit irgendwelchen Wasserquellen oder –spielen zu tun hat, sondern einer der grünsten Flecken Erde im südlichen Innenstadtbereich ist, der einst die Kuranlage Helsinkis für Gäste der feinen Gesellschaft und für Adlige aus dem ferneren Russland war. Die am Meeresufer gelegene Hügellandschaft mit altem Baumbestand und Wiesenflächen begeisterte mich vornehmlich mal wieder wegen der Felsen, die die ganze Stadt zu durchziehen scheinen. Die Gunst der sich hier so viel Zeit lassenden untergehenden Sonne nutzend verweilten auch wir auf einem mit Wildblumen bewachsenem Felsen, um den malerischen Ausblick auf die Schären zu genießen.

Zum Abschluss des Tages haben wir uns im Stadtteil Katajanokka schließlich noch die zweitgrößte (nur die von Russland ist größer) Eisbrecherflotte der Welt angesehen, die im Winter den Kampf gegen zufrierende Fahrrinnen aufnehmen und dafür sorgen, dass der Fracht- und Fährverkehr nicht zum Erliegen kommt. Wirklich schade, da ich kein Tele-Objektiv mit dabei hatte, fand ich die Tatsache, dass man die Schiffe nur von der Ferne vorteilhaft fotografieren kann, da ansonsten Hindernisse das Motiv säumen oder Zäune den Weg versperren.

Leider geht es ja schon morgen wieder zurück, während wir gerne noch zwei, drei Tage geblieben wären.

Attraktives Fotomotiv: die Domkirche.Obwohl ich Sommer, Sonne und warme Temperaturen über alles liebe, war ich heute ganz besonders froh, diesen Tag in Helsinki und nicht in Würzburg verbracht zu haben, denn bei über 35 Grad ist die Stadt wegen ihrer Kessellage kein sonderliches Vergnügen, selbst wenn man den Tag im Schwimmbad verbringt, das bei dieser Hitze zum einen sowieso überlaufen ist und zum anderen von der Wassertemperatur auch keine wirkliche Erfrischung mehr bietet.

Die Küstenstadt Helsinki frohlockte stattdessen mit strahlend blauem Himmel bei 25 Grad und einer steten Brise von der Ostsee, also idealen Bedingungen für eine Stadtbesichtigung.

Ausgeschlafen, geduscht und gestärkt von einem schmackhaften Frühstück verließen wir gegen 12.30 Uhr (11.30 Uhr deutscher Zeit) das Hotel, um uns ins historische Zentrum der Stadt zu begeben, wo wir zunächst das wohl bekannteste Bauwerk Finnlands, den markant in Szene gesetzten, weiß strahlenden Dom, der mit seinen Säulen und goldverzierten grünen Kuppeln ein attraktives Fotomotiv bot, sowie den Senatsplatz anvisierten. Letztgenannter repräsentiert das Zentrum des kirchlichen, des Verwaltungs- und Universitätslebens der Stadt. Laut Auskünften unseres Reiseführers soll das kleines Pendant zum großen St. Petersburg sogar einer der schönsten Plätze Europas und darüber hinaus sein. Eine Meinung, die ich, wenn ich den Platz als solchen alleine beurteilen sollte, nicht teilen kann, wobei ich in einem Stadtführer gelesen habe, dass der Platz mit den angrenzenden Bauwerken des Doms, des Regierungspalais, dem Hauptgebäude der Universität und der Nationalbibliothek als Ensemble gilt. Als neoklassizistisches Gesamtpaket bietet die Umgebung aber durchaus eine reizvolle Kulisse, wenngleich ich vom überaus kargen Innenraum der Domkirche, die mit ihrem imposanten Äußeren hervorsticht, überrascht war. Aber gut. Kirchen von außen sind mir fast ausnahmslos lieber als von innen.

Unseren nächsten Stopp legten wir am pulsierenden Marktviertel ein, das direkt am Hafen liegt, wo unter anderem Schärenfischer und –bauer direkt von ihren Booten am Pier aus ihre Ware veräußern. Hier, auf Helsinkis buntest- und bekanntestem Markt, werden neben den herkömmlichen Marktprodukten, die zu horrenden Preisen (500 Gramm Erdbeeren für 4 Euro) feilgeboten werden, aber auch Handarbeiten und Souvenirs verkauft, an denen wir aber desinteressiert vorbeizogen. Und auch die Anlaufstelle für Feinschmecker, die alte Markthalle, die neben vielen Delikatessen auch lappländische Spezialitäten bietet, stieß bei uns auf wenig Gaumenfreude, obwohl mich ein kleines Paket Schoko-Chili-Kaffee schon sehr gereizt hätte, dabei aber weniger wegen des Geschmacks, sondern viel mehr wegen des betörenden Dufts, für den ich fast die Packung heimlich aufgerissen hätte.

Schroffe Felsen und rauhe Natur mitten auf Suomenlinna.Den überwiegenden Teil des Tages haben wir uns aber auf einer der größten Seefestungen der Welt, Suomenlinna, aufgehalten. Die auf Inseln vor Helsinki gebaute, 60 Hektar große Garnisonsstadt, die zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört, haben wir nach einer 15-minütigen Überfahrt mit der Fähre, die wir vorteilhafterweise sogar kostenfrei mit den innerstädtischen Fahrscheinen nutzen konnten, erreicht. Neben all den vielen offiziellen Sehenswürdigkeiten, die es dort zu begutachten gibt, hat mich vor allen Dingen eines begeistert, was ich so zuvor noch nie gesehen habe: Badefelsen, die zum Teil unter recht waghalsigen Umständen zugänglich waren. An der unbekannten Mischung aus schroffen Felsen, rauer Natur und windresistenten Badegästen, die entspannt der Sonne frönten, konnte ich mich nicht satt sehen. Hätte des Pans Sonnenbrand und unser Flüssigkeitsmangel uns nicht zum Weitergehen gemahnt, säße ich jetzt vermutlich noch immer dort, um das unbegreiflich ursprünglich-natural Schöne in mich aufzusaugen. Alternativ habe ich die Bilder dieser Szenerie jetzt im Herzen meiner Erinnerung gespeichert, wo ich unabhängig von äußeren Umständen jederzeit darauf zugreifen kann, um in dunklen Momenten vielleicht aus dem Quell des Kraftvollen schöpfen zu können.

Eindrucksvoller roter Backsteinbau mit 13 vergoldeten Kuppeln, der erhöht auf felsigem Grund liegt: die Uspenski-Kathedrale.Als wir Stunden später wieder Festland unter den Füßen hatten, haben wir uns noch die größte orthodoxe Kirche Westeuropas, die Uspenski-Kathedrale, einen eindrucksvollen roten Backsteinbau mit 13 vergoldeten Kuppeln, der im Innern mit mächtigen Granitsäulen und viel Vergoldung für feierliche Stimmung sorgt, angesehen.

Auf dem Nachhauseweg streiften wir auch Helsinkis grüne Oase mitten in der Stadt, den Esplanadenpark, der im Sommer von einer bunten Mischung aus Helsinkiern, Touristen, Nachwuchskünstlern, Artisten und Gauklern, bevölkert wird. Während unseres Aufenthaltes in dem viel größer gedachten Parks lauschten wir den „lieblichen“ Klängen einer älteren Dame, die ihre Gesangeskünste schüchtern ins Mikrofon hauchte. In der Ferne sah ich zudem, wie ein Elvis-Double Zuschauer um sich versammelte und für seine Darbietungen großen Beifall bekam.

Für morgen haben wir diverse Anlaufpunkte wie Felsenkirche, Olympiastadion oder das älteste und größte Freilichtmuseum Finnlands, das auf einer eigenen Insel liegt, eingeplant. Ob wir all das schaffen, sei mal dahingestellt, obwohl das auch gar nicht von Bedeutung ist, sondern ausnahmslos nur der Moment, in dem wir sind und uns mit dem, was wir gerade sehen und tun, wohlfühlen.
Uns im Urlaub wegen irgendwelcher Sehenswürdigkeiten zu hetzen, käme uns nicht in den Sinn. Nein, wir spulen kein Programm ab, sondern leben eher nach dem Motto: wir bleiben überall so lange, bis wir all das, was wir sehen wollen, auch gesehen haben. Manchmal ist weniger eben mehr, aber wenn mehr geht, nehmen wir gerne auch mehr mit.

Was für ein Licht! Warme Farben, die einen mit ihrem Spektrum wie gute Freunde vertrauensvoll in den Bann ziehen und auf individuelle Weise faszinieren. Ein Licht, mit dem man meines Erachtens grundsätzlich alle Träume ausstaffieren sollte, um ein sorgloses Ambiente für den Träumenden zu schaffen. Ein Licht, das vermutlich nur in skandinavischen Ländern um die Midsommarzeit herrscht. Und noch viel mehr ein Licht, das mich stehenbleiben und staunen lässt.

BootKurzum: Helsinki zu Zeiten des Sonnenuntergangs, also der langen Phase, die die Stadt in ein ganz besonderes Licht taucht, wobei nicht der Sonnenuntergang als solcher das betörende ist, sondern die intensiven Goldtöne, die er der Stadt spendet, so als läge über ihr eine Schicht schimmernden Sternenstaubs.

Fatalerweise wäre uns dieses Licht heute aber fast verwehrt geblieben, weil das Unheil sich ausgerechnet unsere Bahnstrecke als tragische Bühne gesucht hat und dadurch zeitlich im höchsten Maße in Bedrängnis brachte.

Was war passiert? Drei Kinder spielten auf den Gleisen der Schnellstrecke, wo sie von dem vor uns fahrenden Zug überfahren wurden. Ein Drama – für die Eltern und für den Zugführer! Wie es dazu kam, wissen wir natürlich nicht, hat uns ja auch nichts anzugehen. Anfänglich wurden wir wegen eines „Personenschadens“ umgeleitet. Später, nachdem sich wohl einige Fahrgäste beschwert hatten, gab der Zugführer für „die Zweifler“, wie er sagte, die oben erwähnten Informationen bekannt. Fakt ist, dass zunächst von 45 Minuten Zeitverzögerung die Rede war, später von 60. Letztlich schwanden unsere Chancen, den Flieger (um 14.55 Uhr) noch rechtzeitig zu erreichen, aber immer mehr. Aufgrund der Verspätung haben wir Berlin Hauptbahnhof letztendlich erst um 14 Uhr erreicht. Und von hier aus quälten wir uns dann sogar noch einmal knapp 30 Minuten bis zum Flughafen durch. Unsere Nerven lagen blank. Während der Pan seiner das-Glas-ist-halbleer-Theorie frönte, frei nach dem Motto „jetzt ist es ohnehin vorbei“, schwieg ich vor Entsetzen. Ungeachtet dessen wollten wir den letzten Funken Hoffnung natürlich auch nicht aufgeben. Vermutlich war es ohnehin mehr Verzweiflung, die uns in emotionaler Schockstarre wie getriebene Roboter durch die Stadt peitschte. Ankommen lautete das Ziel. Ankommen auf Teufel komm raus. Und koste es unser Leben.

Am Flughafen bekam die ganze Situation noch einmal eine ganz eigene Dynamik. Bei sengender Hitze rannten wir querfeldein, um das etwas abgelegene Terminal C zu erreichen, wo wir sofort jemanden um Hilfe fragten. Eigentlich war das Gate schon geschlossen, aber man telefonierte und bemühte sich. Mir schwanden die Sinne. Sollte es das jetzt gewesen sein? Nein, war es zum Glück nicht! Man deklarierte uns zur ganz besonderen Ausnahme. Ich hätte heulen können vor Glück, doch dafür blieb auch keine Zeit. Wir mussten ja schließlich noch Einchecken und durch die Sicherheitskontrolle. Also rannten wir weiter, … und weiter … und stießen überall auf offene Türen und freundliche Menschen, die es uns ermöglichten, dass wir den heutigen Flug nach Helsinki doch noch geschafft haben. Dafür möchte ich an dieser Stelle auch einmal Danke sagen, auch wenn es die Betreffenden hier niemals zu Gesicht bekommen. Selbstverständlich war deren zuvorkommendes Verhalten auf jeden Fall nicht.

Eine der bekanntesten Bars in Helsinkis Zentrum trägt den Namen Zetor, in deren Räumlichkeiten zahlreiche Traktoren dieser Marke stehen.Nachdem unser Mitkommen gesichert war, war uns beiden eine riesige Last von den Schultern genommen. Ich konnte plötzlich auch wieder lachen und fühlte mich so unendlich entspannt, dass ich glaubte, die ganze Welt befrieden zu können.

Im Flugzeug selbst lernten wir eine nette und aufgeschlossene Finnin kennen, die uns mit ein paar der landestypischen Gepflogenheiten vertraut machte und uns darüber hinaus mit einigen Reise-Tipps versorgte.

Nachdem wir unser Hilton Helsinki Strand-Hotel erreicht hatten, das nur zwei Metro-Stationen vom Bahnhof entfernt liegt, zogen wir noch einmal los, um erste Eindrücke rund um unseren vorübergehenden Wohnort herum zu sammeln und um ein Gefühl für die Stadt zu entwickeln, aber auch um den Strand zu finden, den es seltsamerweise gar nicht gibt. Während dieser Exkursion stießen wir, ohne sie bewusst gesucht zu haben, auch auf Kultkneipe Zetor, in der diverse Traktoren stehen, an denen gegessen und getrunken wird.

Der Midsommar lässt übrigens fast jegliches Zeitgefühl schwinden. 23.30 Uhr. Und draußen ist es hell. Wie müde ich wirklich bin, merke ich erst jetzt, wo ich mich zum ersten Mal seit heute Morgen meiner Schuhe entledige.

So, der Koffer ist gepackt, der kleine Flitzer, ein Cabrio, den ich gestern bis heute als Leihwagen bekam, weil unser Auto wegen eines Werkfehlers in die Werkstatt musste, wieder abgegeben. Schade eigentlich, denn bei diesem Wetter bietet sich eine erfrischend-luftige Freiluftfahrt gerade zu an.

Morgen früh geht’s mit dem Zug nach Berlin und von dort mit dem Flieger nach Helsinki.

Nach einer erholsamen Nacht samt köstlichen Frühstück im abgelegen Berggasthof, ging unser sportliches Wochenende heute Morgen schon um 10 Uhr weiter. Ausgerüstet mit Neoprenanzug, Neoprenjacke, Neoprenstrümpfen und – schuhen sowie Helm und Klettergurt, die uns, was die Enge betrifft, wie zusammengepferchte Eiskristalle in einem Schneeball haben fühlen lassen, fuhren wir mit einer Mischung aus Erwartungsfreude und auch Angst der Schlucht entgegen, die wir vor fünf Jahren schon einmal durchwandert haben. Abgesehen an den Aufstieg, konnte ich mich kaum mehr an etwas erinnern. Aber das wäre letztlich auch ohne Belang gewesen, da sich die Schluchten so schnell verändern, dass eine Wiederholung der Touren immer wieder neue Erfahrungen mit sich bringen. So kamen wir heute auch an einer Stelle vorbei, die vor sechs Wochen noch zwei Meter höheres Wasser hatte, an der die Teilnehmer zu diesem Zeitpunkt auch von den Felsen springen konnten, während wir heute dort kniehohes Wasser durchwateten. Dort, wo wir vor fünf Jahren in eine Gumpe sprangen, war das auch nicht mehr möglich, dafür aber an anderen Stellen.

Canyoning1Das Aufregendste am heutigen Canyoning war aber zweifelsohne der Einstieg an einer 20 Meter hohen Steilwand. Als der Führer uns kurz vorher noch sagte, dass das unser Einstieg sei, dachte ich, dass er scherzt, aber dem war leider nicht so. Ganz ehrlich: ich hatte ein wenig Todesangst, hieß es doch auch, sich auf Material und Mensch zu verlassen und Vertrauen zu schöpfen.

Aber nachdem ich diese Zeilen hier schreibe, ist dem geneigten Leser natürlich klar, dass ich das Abenteuer überlebt habe.

In einem meiner letzten Postings hatte ich jüngst geschrieben, dass man ein Ereignis unbedingt mal gesehen und gehört haben sollte. Das kann ich an dieser Stelle bezüglich Canyoning nur wiederholen. Es ist eine wildromantische, atemberaubende, wenn auch etwas Mut erfordernde Erfahrung fürs Leben, die ausnahmslos alle Sinne anspricht. Natur pur. Leben in seiner Urform. Selten habe ich all meine Kräfte so gebündelt gespürt.

Und doch hat sie einen kleinen Wehmutstropfen hinterlassen, den ich mir am Ende der Tour bei einem Sprung zuzog, nämlich einen verletzten Fuß, der ohnehin schon lädiert war. Hierzu muss ich aber sagen, dass das nichts mit der Tour als solches zu tun hat, sondern mit der Grundverletzung, mit der ich mich nun schon seit knapp zwei Wochen wieder herumschlage. Es geht einmal mehr um meinen linken Sprunggelenk verletzten Fuß, an dem inzwischen vermutlich die Zeit seine Spuren hinterlässt. Erst im Oktober hatte ich Probleme damit. Seit geraumer Zeit konnte ich mich weitestgehend auch nur noch humpelnd fortbewegen, weswegen ich ohnehin einen Artztbesuch einplante. Vermutlich schwindet meine Knorpelmasse, mutmaßte heute die Ärztin, die auf dem Röntgenbild nichts sehen konnte. Eine Magnetresonanztomographie (MRT) würde mir diesbezüglich Klarheit bringen. Deshalb werde ich in nächster Zeit wohl nicht umhin kommen, einen Orthopäden aufzusuchen.

Was für ein Tag! Stau, Stau und nochmals Stau. An unserem eingeplanten Zeit-Puffer von 1,5 Stunden nagte heute nicht nur die übervolle Autobahn, sondern bedauerlicherweise auch die Zeit gänzlich ignorierenden, da nicht minder frequentierten Umgehungsstraßen, so dass das rechtzeitige Ankommen zum Rafting in Österreich plötzlich immer mehr in Frage stand und unsere gute Laune mit den rapide schwindenden Minuten hinsichtlich der Ankommenszeit, die das Navigationsgerät vorhersagte, sich zunehmend zum Schlechten wandte.

Es wollte uns einfach nicht gelingen, den Tag entspannt zu sehen, auch wenn wir zu spät gekommen wären. Der Tag als solches wäre ja nicht verloren gewesen. Ändern konnten wir an der Situation ohnehin nichts, wozu also aufregen?

Um es kurz zu machen: wir kamen zu spät. Ganze sechs Minuten, was aber nicht dramatisch war, da die Gruppe noch nicht losgegangen ist. Zunächst hatte ich mich total darüber gefreut, was aber nur so lange anhielt, bis wir erfuhren, dass die Gruppe „Action Rafting“ schon voll sei und wir nicht mitkönnten, da wir nicht auf der Liste stünden. Liste hin oder her - wir hatten gebucht, per Internet. Die Mail als Beweis hatte ich aber nicht mitgenommen. Und selbst wenn, was hätte es gebracht? Das Boot war voll, stapeln geht beim Rafting gar nicht.

Eine witzige Erfindung für den Wildwassersport: das Riverbug.Eine halbe Stunde später würden fünf weitere Boote zu Wasser gehen, sagte man uns, allerdings nur die „Erlebnis Rafting“-Tour, die eine ganze Stunde weniger dauert. Vielleicht könnten wir ja dort ein paar Leute zusammen trommeln, die Lust auf die Action-Rafting-Tour haben, wobei zur Erklärung gesagt sei, dass beide Touren auf der gleichen Strecke auf der Tiroler Ache gefahren werden, die Action Tour aber eine Stunde länger dauert und mehr Schikanen bietet. Und es kam, wie es nicht kommen sollte, denn wir fanden niemanden. Also fuhren wir die „Familienrafting“-Tour mit einem ganzen Boot voller 11-15-jährigen Eiskunstlauf-Mädels, die während der Fahrt bei jeder kleinen Welle so laut schrien, als ob sie riskante Loopings einer Achterbahn auf der Kirmes fahren.

Langweilig war es aber dennoch nicht, da der Pan und ich quasi als Steuermann ganz vorne an der erlebnisintensivsten Stelle des Bootes saßen und wir uns zudem mit den anderen Booten Wasserschlachten lieferten, was bei der gigantischen Hitze, die auf dem Fluss aber gar nicht so spürbar war, einfach unglaublich Spaß machte. Genauso wie das Reinspringen in das 11 Grad kalte Wasser und andere kurzweilige Spiele, bei denen die ein oder andere Teilnehmerin zu Wasser ging. Im Anschluss ans Rafting fuhren wir eigenständig noch mal an die Stelle, an der wir mittags mit den Booten eine kurze Rast eingelegt hatten. Aus Sorge um meine Kamera hatte ich während des Raftings die Kamera im Auto gelassen, da an dieser Schlucht aber sehr viel Wassersportler vorbeikamen, hoffte ich, noch ein paar originelle Fotos einfangen zu können, was mir aber nicht so wirklich gelang. Einerseits wegen des dann schon vorherrschenden Schattens, andererseits wegen mangelnder Sportler zu dieser fortgeschrittenen Stunde.

Übernachten werden wir heute in einem urigen Berggasthof am Wilden Kaiser, den wir nach einer langen und aufregenden Serpentinefahrt erreicht haben.

Bis heute bin ich davon ausgegangen, dass Münster DIE Fahrradhauptstadt schlechthin sei, was für deutsche Verhältnisse möglicherweise ja auch stimmen mag. Nach dem Kurztrip nach Amsterdam muss ich meine diesbezügliche Ansicht aber definitiv revidieren, denn so unendlich viele Absolut sehenswert!Fahrradfahrer wie heute, habe ich in meinem ganzen Leben noch niemals zuvor gesehen, was mich zu der absurden Annahme verleitete, dass niederländische Frauen bei jeder Geburt wohl auch gleich ein Fahrrad mit gebären. Aber die Hafenstadt versetzte mich heute noch mehrmals in Staunen. Nicht nur mit ihren horrenden Parkgebühren (5 Euro/Stunde), sondern auch mit ihrer malerischen Kulisse der reich verzierten Kaufmannshäuser aus dem 17. und 19. Jahrhundert, in deren Mitte sich ein breites Wasserwegenetz durch die Stadt zieht.

Eine von vielen hübschen Häuserzeilen in Amsterdam.

Dass Städte, die am Wasser liegen, ohnehin einen ganz eigenen Charme versprühen, war und ist mir geläufig, aber dass in der wasserreichsten Stadt Europas das Leben auf und innerhalb der Kanäle derart pulsiert, hätte ich niemals für möglich gehalten. Fakt ist, dass die Bewohner der Stadt sich es in ihrer Gesamtheit mehr als anderswo verstehen, sich gut gehen zu lassen, was die zahllosen Boote auf den Grachten bewiesen. Um einmal mehr eine gewagte These in den Raum zu stellen, behaupte ich sogar, dass die meisten Amsterdamer vermutlich alleine schon deshalb ein eigenes Boot besitzen, um sich die teuren Parkgebühren zu sparen.

Spazierfahrt in den Grachten.

Scherze beiseite! Nein, ganz im ernst. Die ganze Stadt schien picknickend und feiernd auf dem Wasser oder in den Hausbooten (unterwegs) zu sein, so dass die, die heute eine Verkehrszählung auf dem Wasser hätten durchführen müssen, gewiss ins Straucheln gekommen wären.

Ansonsten ist mir in der Stadt aber vor allen Dingen auch eines aufgefallen. Heiniken. Immer wieder Heiniken. Gerade so, als ob man seinen Durst ausnahmslos mit diesem Getränk stillen könnte. Aber auch Unbekanntes säumte unseren Weg, wie leuchtend bunte, aber auch übelriechende Plastikurinale, die völlig ohne Sichtschutz auf offener Straße standen (und benutzt wurden!) oder Frittiertes, das man sich aus einem Automaten ziehen konnte. Meinen ersten Coffee-Shop sah ich heute zudem.

Klar, dass auch heute einmal mehr unsere „Kids“ mit auf Reisen waren, mit denen wir auf unserem vierstündigen Rundgang durch die Stadt einmal mehr sehr viel Spaß und zweimal sogar Applaus seitens anderer Touristen hatten.

 

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