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Ein neuer Tag

Wie alt war ich damals? 13, 14, 15, ja auch mit 16 und 17 ging es mir nicht schnell genug, das Altern. Ich war einst die Jüngste in der Klasse. Zeit zog sich wie ein Endloskaugummi. Und heute? Heute bin ich mit meinen 37 Jahren die Älteste im Büro – und schäme mich nicht minder: damals weil ich glaubte, dass man mir die Reife abspräche und heute die frühlingshafte Jugendlichkeit. Die zweitälteste Person in unserem Büro ist übrigens 12 Jahre jünger als ich: alle anderen Mädels (in keinster Weise wertend gemeint) sind Anfang 20, soll heißen, dass ich zum Teil fast doppelt so alt bin. Unglaublich!!!

Mag sein, dass ich mir das einbilde, aber dieses Jahr spüre ich das Älterwerden mehr denn je. Im Urlaub habe ich sogar zwei ergraute Haare auf meinem Haupt entdeckt. Eine Tatsache, die mich maßlos entsetzte. Aber nicht nur das. Schon mit Mitte 20 vernahm ich die ersten prägenden Falten in meinem Gesicht, die sich inzwischen als markante (und nur noch mit Photoshop retuschierende) Furchen auf meiner Hautoberfläche eingefräst haben, wobei so allmählich auch die mich umgebende Masse Fleisch erschlafft. Ich werde alt, nein, ich bin es schon.

Wenn ich diesen biologischen Prozess, der mit Michael Schuhmachers sportlich-rasanten Qualitäten durch mein Leben jagt, doch nur stoppen könnte. Ich habe das Gefühl, dass die Geschwindigkeit nie an Fahrt verliert und die Ereignisse in meinem Leben wie Landschaftsszenerien, die ich bei einer Fahrt mit dem ICE wahrnehme, vorbeifleuchen, weder greif- noch beschreibbar.

Ich bin einfach nur müde, fast schon chronisch, weil mir die Fähigkeiten zum Entspannen und Abschalten fehlen.

Gibt's ihn oder gibt's ihn nicht?Eigentlich ist er ja schon lange fort, sehr lange, doch erst gestern Morgen trat es mir besonders schmerzlich ins Bewusstsein, als mein Blick einem Sammelsurium von glitzernden Weihnachtsutensilien, roten Nikolauskostüm samt filzigen Rauschebart, silbern glänzenden Lametta und wuchtigen Christbaumkugeln sowie etlich anderen adventalen Gegenständen begegnete und damit meine Erinnerung an einst wachrief.

Ja, damals, ... damals besaß ich den Glauben an den Weihnachtsmann noch.

Inzwischen hat ihn jemand gestohlen gegen sachlich-kühle Vernunft ausgetauscht - diesen wunderbar magischen Moment, der sich mit seinem warmen Zauber über den ganzen Dezember legte und jenen wie im Märchenbuch erschienen ließ, so als wäre ich die Prinzessin, die mit jedem weiter geschriebenen Wort immer mehr pulsierendes Leben erhält und fröhlich durch die Zeilen hüpft.

Nein, es gibt kein Zurück mehr, kein aufgeregtes Warten auf diesen großen und selbstlosen Mann, der gerade zum Jahresende so unglaublich beschäftigt ist, keine Furcht vor dem Antworten auf die Frage, ob ich denn auch brav gewesen sei. Es ist einfach nichts geblieben.

Mittlerweile sind wir, meine beiden Geschwister und ich, selbst groß und erwachsen dazu und ich außerdem Tante von zwei Kindern (2 und 8 Jahre alt), von denen das Ältere bereits anzweifelt, ob der „auf dem Schlitten reisenden Geschenkemann“ echt ist. Das macht mich traurig.

Eben habe ich mit meiner 8-jährigen Nichte, deren Patentante ich bin, gesprochen. Ich weiß zwar nicht warum, aber sie mag ihre „verrückte Tante“, weshalb sie sich mit ihren Eltern, meinem Bruder und seiner Frau, für nächsten Sonntag selbst eingeladen hat, was ich nicht weiter tragisch finde, außer dass ich mich ein bißchen davor fürchte, der Konversation vielleicht nicht gewachsen zu sein.

Während des Telefonats hat sie mir auch ihren größten Weihnachts(geschenke)wunsch offenbart: „Ein Laptop, das mehr als Windows 98 kann“. Ich glaube nicht bin mir sicher, dass ich ihr diesen Wunsch nicht erfüllen kann werde.

Ob ich deshalb zur Rabentante mutiere?

So, jetzt ist auch noch mein leiblicher – nicht mein Gefühlsopa, den ich als meinen wahren Opa empfinde, gestorben. Eben rief mich meine Mutter an und erzählte mir, dass ihr Vater gestern an einem Schlaganfall verstarb. Er war über 80 Jahre und hat sich nie um meine Mutter gekümmert. Vor zwei Jahren hat sie dann noch einmal einen Annäherungsversuch gestartet, um sich mit ihm emotional auszusöhnen, doch auch jenen blockte er – wie einen anderen Jahre zuvor - ab. Seitdem hat sie mit ihm abgeschlossen. Ich habe diesen Mann nur einmal in meinem Leben gesehen – damals, als ich so acht oder neun Jahre alt war, besuchte er uns mit seiner anderen Frau (meine Oma hatte er nicht geheiratet, irgendwie kam der Krieg dazwischen oder so ähnlich, Näheres weiß ich nicht), mit der er keine Kinder hatte. Als ich in den 90er Jahren versuchte, Kontakt zu ihm aufzunehmen, tauschten wir uns einige wenige Male per Briefwechsel aus, bevor mir seine Frau mitteilte, dass sie diesen Kontakt nicht weiter wünschen. Aus diesem Grund trifft mich sein Tod auch nicht wirklich, sogar viel viel weniger als die des lieben Nachbarn, da ich zu meinem leiblichen Opa keine gefühlsmäßige Bindung aufgebaut hatte. Ich erwähne es hier nur insofern, als dass das Thema Tod mir einen weiteren, aktuellen Nachschlag bot.

Zufall?

Was hatte ich mir eigentlich dabei gedacht? Dass es tatsächlich jemanden interessiert? Ja, doch, ich hatte irgendwie darauf gehofft, aber doch vergebens. Sieht sich zunächst nicht nur jeder selbst? Es sei denn man plakatiert das Leid in großen, leuchtenden Lettern, am besten in Signalfarben auf jede noch so unscheinbare, frei werdende Stelle, die sich mitteilsam dafür eignet.

Höre ich Verbitterung? Ja, auch das. Mein Megafon eignet sich wohl eher dafür, einen Flohzirkus zu erschrecken, statt Gehör, besser Aufmerksamkeit, zu erhalten. Was für ein ärmliches Geschöpf ich doch bin, nein, sein muss, um aus diesem Sumpf, noch schreien zu müssen?! Wie sehr muss man bluten, bevor sich jemand zu einem runterbeugt? Spielt die Bleichheit des Gesichtsfarbe dabei eine Rolle oder ist alles eine Frage der Größe der Blutlache, die sich im warmen, fließenden Strom sichtbar immer weiter ausbreitet?

Ich kann noch nicht mal explizit sagen warum, aber ich habe das Gefühl, ich vergeude mein Leben, verbringe es zum Teil mit Menschen, die mir nicht gut tun, zu denen ich aber dennoch – möglicherweise meines Harmoniewillens wegen – Kontakt halte. Wozu das alles?

Ich will eine Scheibe vom richtigen Leben abhaben, was auch immer das wirklich heißen mag, es klingt zumindest erquickend, zudem ein Stückchen vom Glück gewinnen und außerdem einen Hauch allgemeiner Zufriedenheit erarbeiten, derzeit – nach dieser langen Durstrecke vollen Nichts – noch mehr und intensiver als sonst.

Ich will mich wieder spüren, meine Gedanken wieder fühlen, meine Sinne wieder beleben.

Wie sehr hatte ich mich auf gestern, den ersten freien Tag seit langem, an dem mein Kopf sich nicht mehr mit noch unvollendeten beruflichen Pflichten beschäftigen musste, gefreut, wobei der gestrige Tag am Baggersee, Wallnüsse sammelnd und Federball spielend, tatsächlich noch harmonisch und erfreulich verlief, während mich jetzt eine schwermütige Breitseite mit voller Wucht aus den Wogen meines gerade erst geglätteten Ozeans wirft. Und ich kann auch hier noch nicht mit Gewissheit sagen warum. Eigentlich habe ich doch alle Flaggen auf gute Laune gehisst, doch jene scheinen gekentert zu sein, verschwunden in den dunklen Tiefen des rauen Gewässers.

Aber wer weiß, was heute Nacht geschieht? Möglicherweise kommen ja kleine, gute Laune rettende Tiefseetaucher, die die verlorenen Fahnen aus der Kälte des Weltmeers zurück ins Leben holen. Wir werden sehen ...

Wohin mit all den Gedanken, den Gefühlen, die doch so ungeordneter Natur sind, dass ich sie nicht in Worte fassen kann, aber dennoch empfinde?! Saft- und kraftlos begegne ich den sich lose aneinander reihenden Tagen, die ein Sturm wie ein einzelnes, längst ausgetrocknetes Blatt, das selbst schon gefühlte Ewigkeiten die nährende Quelle verließ, an mir vorüberbläst.

Eine Woche noch inklusive des morgigen Samstag und des Sonntags, dann dürfte – aller Voraussicht nach – endlich wieder Ruhe einkehren. Diesen Tag, so ich ihn den tatsächlich erlebe, werde ich huldigen, ihn zu meinem eigenen, kleinen Feiertag 2006 erheben. Vielleicht sollte ich ihn „Tag des Atems“ nennen: der Tag, an dem ich nach Wochen endlich wieder ausatmen kann und damit auch die ganze Anspannung von mir weicht, hoffe ich zumindest, doch noch gilt es durchzuhalten und Stärke zu beweisen. Heute, morgen, übermorgen, ja bis Samstag nächster Woche, dann kehrt bestimmt auch wieder das Leben in meinen ausschließlich auf Funktion bedachten Körper zurück.

„Ich könnte die ganze Zeit nur heulen und ich weiß noch nicht mal warum“, sagte meine Mutter mir vorhin am Telefon, von der ich auch erfuhr, dass mein Onkel vorgestern einen Autounfall hatte: Totalschaden, den andere verursacht haben, wobei es ihm soweit ganz gut gehe, obwohl er aufgrund dessen derzeit krank geschrieben ist und momentan bei meinem Opa weilt, der gestern aus dem Krankenhaus kam. Der Unfall war aber nicht der einzige diese Woche. Ein Freund verunglückte gestern mit dem Motorrad, was zum Glück noch einigermaßen glimpflich ausgegangen ist. Und während ein weiterer Bekannter nicht nur seinen Job, seinen Status, seine Wohnung und damit insgesamt die Achtung vor sich selbst verlor, hat mein Vater den vergangenen Monat für gerade mal 200 Euro gearbeitet, weil die Pizzeria so schlecht läuft (den Monat zuvor mussten sie sogar noch selbst Geld zuschustern). Auch das erfuhr ich im Telefonat mit meiner Ma.

Bedingt durch das viele Arbeiten derzeit bin ich aber selbst so ausgelaugt, dass ich einfach nur froh bin, wenn ich meine Ruhe habe. Inzwischen kann und will ich einfach niemandem mehr zuhören. Ich kann nichts mehr geben, nichts mehr aufnehmen, bin irgendwie abgefüllt. Davon abgesehen kann ich aufgrund des vielen Sitzens vor der „Kiste“ noch nicht mal mehr unbeschwert meine Arbeit erledigen, weil mich mein Rücken so plagt. Ich hatte schon mit dem Fitnessstudio geliebäugelt, wenn, ja wenn ich etwas mehr Zeit hätte.

Momentan (eigentlich ja schon seit 1,5 Jahren) ist es so, dass ich keinen Tag vor 2 oder 3 Uhr ins Bett komme, um 7 (Di und Fr) oder 8 Uhr aber wieder aufstehen muss. Manchmal schlafe ich auch nur vier Stunden, selten über sechs, was für mich zu wenig ist. Pan weist mich jeden Freitag auf meine viel zu dunklen Augenringe hin, die erst bis zum Sonntag wieder einem relativ erholten Gesichtsausdruck weichen, da ich das Wochenende über fast immer sehr früh zu Bett gehe, was deshalb möglich ist, da ich diese Tage besser strukturieren kann, obwohl Pan sagt, dass ich mit meinem Lebenswandel meine Gesundheit ruiniere. Auf weitere Umstände mag ich auch gar nicht näher eingehen. Es wäre zu bizarr, wobei ich spüre, dass sich so ganz allmählich eine tiefe Wut in mir ausbreitet. 31 Tage zählt der August, von denen ich lediglich zwei frei habe. Ich bin innerlich so kaputt, zerborsten. Manchmal erscheine ich mir selbst wie ein kleines Wunder, weil ich wieder einen Tag überlebt habe. Ich bin mir sicher, dass der Tag kommen wird, an dem ich an meine Grenzen stoße und etwas passieren wird, wobei ich weiß, dass ich mich dann verfluchen werde, weil ich nicht vorher die Notbremse gezogen habe, weil ich mir in diesem Punkt wirklich sicher bin. Es ist nur eine Frage der Zeit.

Ich bin so müde, richtig müde, ausgepowert, mein Kopf schmerzt, meistens dauerhaft. Selbst K geht es heute so schlecht, dass er inzwischen schon die dritte Valium eingeworfen hat. Ich habe mich vorhin mal ein bisschen eingelesen. Vielleicht sollte ich ihn mal fragen, ob ich auch eine haben kann. An solchen Tagen wie heute kann man sich gar nicht genug zudröhnen.

Klamm und feinporig kündigt sich der nahende Herbst nun inzwischen schon allmorgendlich kondensierend auf den Fenstern an, die mit einer diesigen Feuchte belegt bereits jetzt auf die in Bälde eintretenden immer größer werdenden Temperaturschwankungen hinweisen. Auch wenn die Sonne derzeit noch die Kraft hat, durch ihre Erwärmung die Feuchtigkeit der Luft tagsüber zu verdunsten, stimmt es mich betrüblich zu wissen, was unveränderlich kommen wird: verkürzte Tage, die zwangsläufig längere Nächte mit sich bringen. Nächte, die mit ihrer anhaltenden Dunkelheit das Gefühl der Einsamkeit verstärken, von den sinkenden Temperaturen mal ganz zu schweigen.

Andererseits finde ich es auch total absurd, bereits jetzt auf den kommenden Sommer 2007 zu blicken, der noch so weit vor uns liegt, obgleich der diesjährige angesichts der Eingebundenheit bis Oktober für mich nicht mehr so viel Möglichkeiten lässt. Wenn es doch nur möglich wäre, das ganze Jahr (Frühling, Herbst und Winter) über so viel zu arbeiten, dass man den Sommer komplett frei hätte, doch das Leben hangelt sich (leider?) nicht an den Wünschen einzelner entlang; das wäre ja noch viel absurder.

Ich werde einfach versuchen, nach meinen mir zustehenden Möglichkeiten das Beste aus diesem verbleibenden Sommer zu machen und jede Minute, die ich mit ihm teilen kann, mit Dankbarkeit und Freude zu füllen.

18 Grad - so kalt war es seit zwei Monaten nicht mehr, hat eben unser lokaler Radiosender verbreitet. Kein Wunder also, dass ich als Frostmaus der Nation heute Nacht bereits wieder mit Heizdecke schlief und gestern Abend schon die Heizung aktivierte. In Anbetracht des Umstandes der die nächsten acht Wochen vor mir liegenden Arbeit könnte ich fast dankbar sein, dass die Temperaturen so unterstützend raumfreundlich – und nicht Schwimmbadsehnsüchte weckend – sind, wenn der Verstand mir zeitgleich nicht sagen würde, dass nach diesen acht Wochen der Sommer sowieso schon vorüber ist.

 

twoday.net AGB

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