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"Ali" mit ihren SkatesAlina ist hier geblieben. Es hat keine fünf Minuten gedauert und sie sagte zu ihrer Mutter, dass sie bleiben wolle, bei ihrer „verrückten Tante“, mit der sie bis eben nonstop Dart (mit Plastikpfeilspitzen), ihr Lieblingsspiel „Wer bist Du?“, Skipbo und Memory gespielt hat, wobei sie zwischendurch ein bisschen mit den Skates, von denen sie sich selbst jetzt (während Pan mit ihr „Tim und Struppi“ sieht) nicht trennen konnte, durch die Wohnung zu fahren versucht hat.

Auf Kino heute Abend hat sie keine Lust, dafür werden wir aber morgen früh um elf Uhr in „Felix 2 – Der Hase und die verflixte Zeitmaschine“ gehen – Alinas erster Kinobesuch! Da Alina mit mir im Bett schlafen wird, wird sich Pan leider ins Gästebett legen. Von mir aus hätten wir auch zu dritt im großen Bett schlafen können, das darf Alina auch immer am Wochenende bei ihren Eltern, doch so ganz – eigentlich ja gar nicht – konnte ich Pan leider nicht davon überzeugen.

Ich habe noch keine Ahnung, wie das heute Nacht werden wird. Ob sie durchschläft, nachts irgendwelche Geschichten hören mag, ich noch dazu komme werde, ein wenig im Bett an dem Buch, das mich so fesselt, weiterzulesen?

Noch gut zwei Stunden, dann wird mein Bruder mit Frau und Kind, der siebenjährigen Alina, deren Patentante ich bin, hier eintrudeln. Ich muss zugeben, dass ich nervös bin.

Warum? Zum einen war mein Bruder schon über zehn Jahre lang nicht mehr in Würzburg, was für sich genommen nicht ansatzweise verängstigend ist, zumal er in den 80er Jahren oft hierher gefahren ist, um mit Freunden in Plattenläden zu stöbern; jene, die es zuhause im ca. 45 Kilometer entfernten Wertheim, nicht gab oder auch um in Discotheken abzutanzen. Das ist inzwischen aber alles sehr lange her. In der hiesigen Wohnung war er, Birgit, seine Frau, und auch Alina noch nie.

Den Termin hatten wir eher zufällig vor ca. vier Wochen ausgemacht, als ich mit Alina telefonierte und sie mich fragte, wann ich denn mal wieder zum Spielen vorbeikäme, wobei ich kurzerhand antwortete, dass sie mich noch nie besucht habe und ob sie das nicht einmal in Angriff nehmen wolle, sie könne dann auch hier schlafen. Gesagt, getan. Sie fragte recht unmittelbar ihren Vater, der nichts dagegen hatte, wobei ich dann mit ihm diesen heutigen Termin ausgemacht habe.

Und nun ängstige ich mich davor, weil ich fürchte, mein Ansehen als „Supertante“ - jenes genieße ich laut Auskünften meines Bruders und Birgit bei Alina - zu verlieren. Diesen Statuts konnte ich (ungewollt) dadurch erreichen, dass ich mich nur relativ selten bei meinem Bruder und damit auch bei Alina habe blicken lassen, in diesen Momenten aber immer voll und ganz für Alina da war, mit ihr auch diesen Blödsinn und Phantastereien auslebte, die sie mit ihren erwachsenen Eltern, nicht realisieren konnte. Dass ich nach zwei, drei Stunden völlig erschöpft und ausgepowert war, fiel insofern nicht ins Gewicht, als dass das auch die Zeit war, die ich vor Ort verbrachte, sprich ich im Anschluss wieder Zeit zum „runterkommen“ und Kräfte tanken hatte. Deshalb jetzt auch meine Bedenken, wenn Alina hier schläft. Klar kann ich mit ihr zwei, drei Stunden spielen, aber was dann? Was – und das wird gewiss so kommen -, wenn ich Ruhe und damit Zeit für mich brauche? Sie wird enttäuscht sein!

Noch ist nicht sicher, ob sie hier schläft. Gestern Abend telefonierte ich noch einmal mit Birgit, die mir mitteilte, dass Alina wegen heute – und in diesem Punkt scheint es ihr ähnlich wie mir zu gehen - ziemlich aufgeregt sei. Wegen der Fremde und der Ferne könne es möglich sein, das Alina sich nicht hierzubleiben getraut. Tja, was soll ich sagen? Dass es mir selbst lieber ist, wenn Alina wieder mit ihren Eltern nach Hause fährt, weil ich Angst davor habe zu versagen? Was, wenn sie anfängt zu weinen? Länger als drei Stunden haben wir noch nie miteinander verbracht.

Vorhin war ich ein paar Sachen für Alina einkaufen – für alle Fälle. Ein bisschen Schokolade, Orangensaft, Apfelsaftschorle, Brötchen zum Aufbacken, Marmelade, Kalbsleberwurst, alles Sachen, die sie gerne isst und trinkt. Das Glitzerhaarspray fiel mir eher zufällig in die Finger, aber das wird ihr sicherlich gefallen.

Einen Kuchen habe ich auch noch schnell gebacken. Jenen aber eher zum Kaffeetrinken für alle. Geplant ist, dass mein Bruder und Birgit auf Kaffee und Kuchen bleiben, im Anschluss wieder nach Hause fahren – ohne Alina. Die würden wir, Pan und ich, morgen wieder nach Hause fahren, vorausgesetzt sie hält es so lange aus.

Die Frage, die sich mir stellt, ist die, wie ich Alina beschäftige, ohne dass sie sich langweilt. Was macht man mit einer Achtjährigen? Heute Abend (laut Auskünften von Birgit wäre das für sie das Highlight) wollte ich mit ihr ins Kino und morgen evtl. auf den Großen Würzburger Faschingsumzug, wobei ich selbst nichts für Fasching übrig habe, aber ihr zuliebe täte ich es gerne. Es wäre zumindest auch etwas „langeweileüberbrückendes“.

Davon abgesehen nimmt Alina auch ihre Roller Skates mit, die sie zu Weihnachten von mir geschenkt bekam. Ich hatte ihr nämlich versprochen, ihr das Fahren beizubringen, wobei heute – trotz aller eisigen Kälte – auch das Wetter dafür spräche, welches sich am Würzburger Himmel so wunderbar sonnig gebärt.

Die Zeit schreitet zunehmend dahin und meine Angst wächst stetig ...

Ich weiß, dass ich das überleben werde, die Frage ist nur wie und mit welchen Konsequenzen. Vielleicht mit einer Degradierung von der Supertante zur öden Gesellin?

Am liebsten möchte ich mit „Männer!“ beginnen, doch ein Pauschalurteil wäre nicht fair, wenngleich ich heute einmal wieder mehr ein Vorurteil bestätigt sehe.

Es gibt Menschen, deren Verhalten sprengt jegliche Vorstellungskraft. Aber was beklage ich mich? Ich hätte es wissen müssen! Eigentlich wollte ich ihm nur eine Freude bereiten, in dem ich ihm, der mittlerweile in Italien lebt, zum Geburtstag gratuliere. Ich weiß noch nicht einmal, wie alt er heute wird. Irgendetwas so um die 50 Jahre, glaube ich. Kennengelernt hatte ich ihn einst während meines Studiums. Der Kontakt lag bis kurz vor Weihnachten über Jahre brach, wobei die Reaktivierung des Kontakts vornehmlich aus sachlichen Gründen geschah. Die telefonische Verbindung war schlecht, seine Überraschung ob meines Anrufs groß, was ihn aber doch nicht daran hinderte, relativ unmittelbar unflätig zu werden. Ich dachte, ich höre nicht recht. Ich kann nicht sagen, ob er betrunken war, weil ich ihn noch nie betrunken erlebt habe, aber seine verbalen Entgleisungen, die ich aus Scham hier nicht wiederholen möchte, schockierten.

Was sollte das? Nein, ich bot ihm keinen Anlass für diese frivolen und ehrverletzenden Äußerungen. Mein Vorhaben verkehrte sich durch sein Verhalten ins Gegenteil: Anstatt jemandem eine Freude zu bereiten, bereitete er mir eine Qual. Ich dachte zunächst wirklich, dass ich mich verhört hätte, weil das Telefon so rauschte. Als er die Worte dann aber wiederholte, verschlug es mir die Sprache. Ich schwieg, hörte noch eine Weile zu, bevor ich gänzlich angewidert auflegte. Womit haben Frauen diese Missachtung verdient? Ich kann diese Abwesenheit von Anstand einfach nicht gutheißen.

Ich will ihn nicht pauschal verurteilen, mich aber wundern dürfen, wie jemand aus dem Nichts heraus so sexistisch agieren kann. Eigentlich stünden doch andere Gespräche an, ... eben jene, die mit diesem flüchtigen „wie geht’s?“ beginnen und dann - je nach Temperament und Engagement – auf der Ebene dessen weitergeführt werden, wie man die Zeit nach dem letzten Gespräch verbracht hat.

Ich weiß nicht, ob mich jemand versteht, aber einmal mehr bestätigt sich, dass das Verlassen meiner ersonnenen Welt – außerhalb verpflichtender Termine – keinen Sinn hat.

Was soll ich noch tun? Wohin kann ich mich noch wenden? Dieses Gefühl, es weicht nicht. Ich ergebe mich, verliere mich in Gedanken, in denen ich mir meine Welt in den Farben fern jeglicher Realität, die mir so schmerzlich erscheint, male. In meiner Fiktion lässt es sich gut leben. Hier fühle ich mich zuhause. Unangreifbar. Stark, weil niemand eindringen kann. Hier führe ich den Pinsel, der großflächig seine pastellenen Runden über die zu kreierenden Flächen zieht, mit dem er die Räumlichkeiten finsterer Eventualitäten aus der anderen, ja fernen Welt namens Realität, makellos gestaltet.

Imaginär ist alles perfekt. Tadellos. Harmonisch. Ich erdenke mir mein Leben, was aufgrund der Eingebundenheit in Pflichten aber doch nur viel zu wenig dauerhaft möglich ist. Und trotzdem wünschte ich es, weil ich Schaffer dieser fried- und liebevollen Wirklichkeit bin. Warum kann ich nicht hier bleiben? Für immer. Kein Zurückkehren ins Reale, wo die Echtheit mit Problemen aufwartet. Ich winde mich morgens, wenn es darum geht aufzustehen, um „meiner Welt“ Ade zu sagen. Nicht weil ich müde bin, das sicherlich manchmal auch, sondern deshalb, weil ich mich für ein viel zu langes vorübergehend von etwas Liebgewordenem verabschieden muss, um mir stattdessen eine Strategie, mit der ich den Tag zu überleben versuche, zu überlegen.

Irgendwann tauche ich ab und kehre nicht mehr wieder.

Ich habe kein Gefühl mehr für mein Leben. Mag sein, dass ich deshalb vielleicht die Grenzen auslote, um durch das Überschreiten der Normen doch noch etwas zu fühlen. Ich muss doch noch irgendwo sein? Andererseits, was kann (mir) schon passieren? Irgendwo ist der Abgrund, der mich möglicherweise auch zu Fall bringt, ... aber selbst wenn? Erdgeschichtlich betrachtet bin ich ein Staubkorn im Nichts und sterben müssen wir ohnehin alle mal.

Worin liegt also der große Unterschied, wenn man ein bisschen früher Adieu sagt?

Heute ist mal wieder einer dieser Tage, an denen ich platzen könnte, jedoch nicht vor Freude. Was passiert ist? Wie soll ich darüber berichten, wenn mein Mund durch diesen „Maulkorb“ geknebelt wird? Noch zehn Wochen und drei Tage ...

Katapultiere ich mich gedanklich in diese greifbare Zukunft, erscheint sie mir irreal. Nichts wird mehr so sein wie es jetzt (noch) ist und sich im Laufe der Zeit vertrauensvoll eingespielt hat.

Dieses Entsetzen darüber ist so intensiv ausgeprägt, dass sich in mir, was mein Leben betrifft, mittlerweile eine kaum geahnte Gleichgültigkeit ausbreitet. Es mag paradox klingen, aber nur durch dieses abgestumpfte Wahrnehmen, diesem extremen Desinteresse scheint mir eine Daseinsbewältigung überhaupt noch möglich, wenngleich diese verantwortungslose Existenzform mir außerordentlich gefährlich erscheint, weil plötzlich alles Absurde eine Möglichkeit erhält.

Wieso bin ich nur so mimosenhaft? Mittlerweile habe ich einen Grad der Traurigkeit erreicht, wo ich mich einfach nur getröstet wissen möchte, was aber nicht durchführbar ist, weil mir einfach niemand einfällt, dem ich mich mitteilen möchte.

Niemand, von dem ich mir in diesem Punkt Verständnis erwarte. Bei drei Personen hatte ich das Thema angeschnitten, um vorzufühlen, wie sie darauf reagieren. Auf Verständnis bin ich dabei nicht gestoßen, was mich dazu zwingt, diesen inneren Druck, den dieses Thema bei mir auslöst, für mich alleine auszuhalten. Es ist zum Verzweifeln! Ich kann mich drehen und wenden wie ich will, diesen Vertrauensbonus kann ich einfach keinem mehr gewähren. Ich will kein Contra mehr, ich will verstanden werden, will, dass sich jemand – neben dem Zuhören - die Zeit zum Einfühlen nimmt, die Oberfläche verlässt, um in die Tiefe meiner Gefühle zu tauchen ...

Ich fühle mich in mehrfacher Hinsicht alleine gelassen. Vom Pan, von Freunden, von Kollegen. Aspekte, die ich leider nicht näher erläutern kann. Mag sein, dass ich zuviel erwarte und selbst nicht in der Lage bin, das zu geben, was ich mir von anderen wünsche, und doch ist diese Sehnsucht nach Anerkennung und Akzeptanz da.

Ist es denn so maßlos, sich einen adäquaten Job mit angemessenem Gehalt zu wünschen?

Wer erahnt schon das Gefühl eines geschriebenen Worts, wenn der Streifzug eines Blicks doch nur hastig darüber eilt? Ja, was sind schon Worte? Ein kläglicher Versuch, das zu beschreiben, was körperlich in Gänze aufwühlt, jede Pore mit Emotionen durchdringt und in meinem heutigen Fall einfach nur niederschmettert ...

Hat die Schwere des Lebens etwas mit dem Alter zu tun? Was gibt den Menschen die Kraft weiterzumachen? Woher nehmen sie den Mut zu leben? Worin gründet sich Zuversicht? Und wo ist die Pforte, die der Leichtigkeit den Zugang gewährt? Ist sie verschüttet?

Was überwindet den Augenblick und zielt auf Beständigkeit?

Umarmung hin oder her, das andere Gefühl hat schon die ganze Woche bestimmend sein Netz über mich geworfen. Ich bin gefangen. Gefangen in diesem engen Raum, in dem sich die Erfolge der anderen mit meinem Unvermögen zu einer unerträglichen Masse verdichtet, die mir immer mehr die Luft zum Atmen abschnürt. Einmal mehr bestimmt die Frage des Warums mein Sein. Wozu das Alles?

Ich frage mich, ob ich an einer entscheidenden Stelle in meinem Leben etwas falsch gemacht habe. Gab es diese Stelle überhaupt und wenn ja, habe ich sie wahrgenommen? Es gibt kein Zurück mehr, keinen Radiergummi, mit dem man unliebsame Details aus der Vergangenheit ausmerzen könnte, um das Leben an dieser Stelle neu zu beschreiben.

Und einmal mehr weiß ich nicht, wie es weitergehen soll. Ich bin dazu verdammt, es (das Leben), das durch die Wahrnehmung von bestimmten „Schadstoffen“ immer mehr die Substanz einer trüben Suppe gewinnt, weiterplätschern zu lassen.

Es scheint jedoch nur noch eine Frage der Zeit bis zum Umkippen dieses Gewässers.

 

twoday.net AGB

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