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Gibt's ihn oder gibt's ihn nicht?Eigentlich ist er ja schon lange fort, sehr lange, doch erst gestern Morgen trat es mir besonders schmerzlich ins Bewusstsein, als mein Blick einem Sammelsurium von glitzernden Weihnachtsutensilien, roten Nikolauskostüm samt filzigen Rauschebart, silbern glänzenden Lametta und wuchtigen Christbaumkugeln sowie etlich anderen adventalen Gegenständen begegnete und damit meine Erinnerung an einst wachrief.

Ja, damals, ... damals besaß ich den Glauben an den Weihnachtsmann noch.

Inzwischen hat ihn jemand gestohlen gegen sachlich-kühle Vernunft ausgetauscht - diesen wunderbar magischen Moment, der sich mit seinem warmen Zauber über den ganzen Dezember legte und jenen wie im Märchenbuch erschienen ließ, so als wäre ich die Prinzessin, die mit jedem weiter geschriebenen Wort immer mehr pulsierendes Leben erhält und fröhlich durch die Zeilen hüpft.

Nein, es gibt kein Zurück mehr, kein aufgeregtes Warten auf diesen großen und selbstlosen Mann, der gerade zum Jahresende so unglaublich beschäftigt ist, keine Furcht vor dem Antworten auf die Frage, ob ich denn auch brav gewesen sei. Es ist einfach nichts geblieben.

Mittlerweile sind wir, meine beiden Geschwister und ich, selbst groß und erwachsen dazu und ich außerdem Tante von zwei Kindern (2 und 8 Jahre alt), von denen das Ältere bereits anzweifelt, ob der „auf dem Schlitten reisenden Geschenkemann“ echt ist. Das macht mich traurig.

Eben habe ich mit meiner 8-jährigen Nichte, deren Patentante ich bin, gesprochen. Ich weiß zwar nicht warum, aber sie mag ihre „verrückte Tante“, weshalb sie sich mit ihren Eltern, meinem Bruder und seiner Frau, für nächsten Sonntag selbst eingeladen hat, was ich nicht weiter tragisch finde, außer dass ich mich ein bißchen davor fürchte, der Konversation vielleicht nicht gewachsen zu sein.

Während des Telefonats hat sie mir auch ihren größten Weihnachts(geschenke)wunsch offenbart: „Ein Laptop, das mehr als Windows 98 kann“. Ich glaube nicht bin mir sicher, dass ich ihr diesen Wunsch nicht erfüllen kann werde.

Ob ich deshalb zur Rabentante mutiere?

Wieso bedrückt die Dunkelheit und was macht die – sonst so gewohnte, gern geschätzte und auch Kräfte tankende – Stille mit einem Mal so beängstigend? Ja, was hat die Nacht Erschreckendes, das dem Tage verborgen bleibt? Und wieso beruhigt erst der säuselnde Klang des Radios, der die Stummheit des Raumes schluckend melodiert?

Was ist es nur, dass all diese Ängste so bündelt?

Ob die Schlafräuber wieder auf Beutefang sind? Oder ist es der im schlichten Hochglanz seiner Blüte stehende Garten meiner (eingebildeten) Phantasie, der trotz seiner hübschen Frühlingsfarben immer größere Schatten der Furchtsamkeiten wirft?

Wenn ich es doch nur wüsste!

Sei’s drum, nur noch ein paar Stunden, dann erwacht das Licht des Tages und damit auch die Kraft gegen die in uns wohnenden Drachen anzukämpfen, deren Raffinesse sich u.a. darin zeigt, sich täglich in neuen und sachlich sicherlich auch oft absurden Ängsten zu manifestieren, obwohl das Gefühl an sich natürlich nicht nach Vernunft fragt, sondern durch sein primäres Sein einfach nur bewahrheitet (sich selbst belügen kann man ja schlecht!).

Auf dass die Nacht dem Tag in Bälde weichen möge.

So, jetzt ist auch noch mein leiblicher – nicht mein Gefühlsopa, den ich als meinen wahren Opa empfinde, gestorben. Eben rief mich meine Mutter an und erzählte mir, dass ihr Vater gestern an einem Schlaganfall verstarb. Er war über 80 Jahre und hat sich nie um meine Mutter gekümmert. Vor zwei Jahren hat sie dann noch einmal einen Annäherungsversuch gestartet, um sich mit ihm emotional auszusöhnen, doch auch jenen blockte er – wie einen anderen Jahre zuvor - ab. Seitdem hat sie mit ihm abgeschlossen. Ich habe diesen Mann nur einmal in meinem Leben gesehen – damals, als ich so acht oder neun Jahre alt war, besuchte er uns mit seiner anderen Frau (meine Oma hatte er nicht geheiratet, irgendwie kam der Krieg dazwischen oder so ähnlich, Näheres weiß ich nicht), mit der er keine Kinder hatte. Als ich in den 90er Jahren versuchte, Kontakt zu ihm aufzunehmen, tauschten wir uns einige wenige Male per Briefwechsel aus, bevor mir seine Frau mitteilte, dass sie diesen Kontakt nicht weiter wünschen. Aus diesem Grund trifft mich sein Tod auch nicht wirklich, sogar viel viel weniger als die des lieben Nachbarn, da ich zu meinem leiblichen Opa keine gefühlsmäßige Bindung aufgebaut hatte. Ich erwähne es hier nur insofern, als dass das Thema Tod mir einen weiteren, aktuellen Nachschlag bot.

Zufall?

Überlebt!

Zwei Stunden habe ich diese Nacht geschlafen, das Schlafzimmer wie die Haustüre verriegelt, mit Decken die Luftschlitze abgedeckt, die Schlüssellöcher zugehängt, um jeden eingebildeten Eindringungsversuch zu unterbinden, wenn, ja wenn er, der Tod, dem ich eine - in welcher Form auch immer - materialisierte Statur (und sei es nur als lebensaushauchender Windhauch) gab, nicht schon längst da war. Selbst den kleinen, gläsernen Schutzengel in seiner samtenen, roten Angel Worry Box, den ich als Weihnachtsgeschenk für jemand anderen erwarb, habe ich aus der Geschenke-Schublade gezaubert, die stets bei mir tragende Schachtel seiner Behausung weit geöffnet, um meine Überlebenschancen der Nacht zu erhöhen.

Um mich abzulenken, hatte ich zunächst zu lesen begonnen, was ich so ungefähr bis drei Uhr gemacht habe, dann das sonst so probate Müderwerdemittel zur Seite gelegt, um einen Freund, der Nachtdienst hatte, anzurufen, um mit ihm über meine Angst, den Urlaub und sein Liebesleben zu reden, wobei er meinte, dass das kindliche Phantasien seien.

„Ich weiß, dass das, was ich mir einbilde, sachlich betrachtet nicht möglich ist“, sagte ich ihm, „aber es hilft nichts“. „Klar kriecht der Tod nicht durch irgendwelche Luftschlitze oder Schlüssellöcher, aber wenn wir aufgelegt haben, bemächtigt sich meine Phantasie jeglicher Rationalität, um dann mit der Angst des Todes zu trumpfen. Ich kann mich nicht dagegen wehren.

Später las ich noch ein bisschen, doch ich musste ja schlafen, um heute fit zu sein, was ich nun nicht ansatzweise bin, stattdessen brennen meine Augen und mein Körper verlangt nach dem, was ihm die Furcht entzog: Schlaf. Ich löschte das Licht, versuchte die gehörten Geräusche nicht überzubewerten und verkroch mich unter die Decke, wo ich es in der mich fast lähmenden Dunkelheit nicht zwei Minuten aushielt, weshalb ich das Licht, unter dessen hellen Umständen ich aber grundsätzlich keinen Schlaf finden kann, wieder anschaltete. Zu jenem Zeitpunkt war es dann so gegen 5 Uhr. Das Licht beruhigte mich zwar, doch so wirklich schlafen konnte ich – wie eben schon erwähnt – unter diesen Umständen auch nicht. Ein bisschen, in der Annahme, dass sich der Herr Tod bei Licht nicht meiner zu bemächtigen traut, ging es aber. So lange, bis der Radiowecker mich wieder ins lichte Leben zurückholte und mir mit der natürlichen Helligkeit jegliche weitere Angst nahm, obwohl ich noch nicht mal sagen kann warum, denn unser Nachbar wurde auch am Tag geholt.

Seitdem ich gestern – nach Rückkehr aus zweiwöchigen Urlaub – erfahren habe, dass ein 53-jähriger Nachbar, der für mich mit seiner Frau zu den freundlichsten gehörte, plötzlich und überraschend vor einer Woche an einem Herzinfarkt gestorben ist, glaube ich, auch wenn es rational sicherlich abwegig klingt, dass hier im Haus der Tod eingekehrt ist, um sich jemanden zu holen, wobei ich das Gefühl nicht los werde, dass ihm eine Person nicht reicht. Ich fühle mich bedroht, ja existentiell bedroht, denke, dass er sich den Luftschlitz unter der Haustüre als Zugang verschafft, spürt, dass ich Angst habe und genau diesen hilflosen Punkt als Angriffsfläche nutzt, weil er weiß, dass Schwache leicht zu holen sind.

Eben habe ich eine Decke vor die Tür gelegt – in der Annahme, dass er durch sie abgewehrt wird. Was, wenn er aber schon drinnen ist, wartet, bis ich schlafe und sich meiner bemächtigt? Gestern war Pan noch da. Ihm habe ich von der Angst erzählt, die mir die Sinne benebelt, gerade jetzt zu so später Stunde, wo die ruhende – und damit Aufmerksamkeit abschaltende - Einkehr zu Bette ansteht. Gestern konnte ich mich noch Schutz suchend in seine Arme retten, heute hingegen bin ich wieder ganz alleine, er über 500 Kilometer weit weg.

Gestern habe ich - einerseits des Jetlags, andererseits vor Angst nicht schlafen könnend wegen - eine Schlaftablette genommen und dann auch irgendwann, im wiegenden Schutze des Pans, schlummernde Erholung gefunden. Heute hingegen kann und will ich mir das nicht wieder leisten, weil das der gesunden Maßgabe des Körpers widerspricht. Davon abgesehen habe ich morgen früh einen Termin, den ich nicht verschlafen darf, wobei ich mich außerdem nicht in medikamentöse Abhängigkeit für biorhythmische Bedürfnisse begeben mag.

Eben hat ein knackendes Geräusch die mich umgebenden Stille durchbrochen, - ein Einschüchterungsversuch?

Ich weiß, dass ich schlafen muss und kann nicht, weil mich die Angst wach hält.

Hat Enttäuschung einen Namen?

Ja, hat sie, aber ich kann ihn nicht aussprechen, weil es mich dann noch mehr träfe, obwohl die Gedanken sich um nichts anderes drehen.

Wo lebe ich nur?

Dort, wo ich nie hin wollte!

Wie bin ich nur dort hingekommen?

Jede rohe Geste erscheint mir inzwischen schon wie eine süße Liebkosung, die als manifestiertes Gefühl vor lauter Glück Purzelbäume schlagen möchte, so sehr habe ich mich inzwischen an die brachialen und lieblosen Sitten gewöhnt, die meine Seele – auf einer Streckband liegend - auf scheinbar unmerkliche Weise martern. Aber eben nur latent!

Ich bekomme meine Emotionen einfach nicht mehr in den Griff. Die warmen Tränen, die meiner Verzweiflung entweichen, gefrieren an der Austrittsfläche sofort zu salzigen Eisdiamanten, die sich - ihres kurzen Seins bewusst - bekümmert auf die Härte des verdüsterten Boden stürzen, wo sie noch einmal jauchend-zart erklingen, bevor das Elend sie lachend in Tausend Teile zerschellt.

Kein Mantel ist mollig, kein Ofen warm genug, um mich vor dieser klirrenden Kälte zu schützen. Ich spüre, wie mir das Herz zugefriert, der Atem stockt, ...

Nein, in meinen Adern fließt kein Blut mehr, nur noch das blanke Entsetzen darüber, dass die Sonne meinen Planeten verlassen hat.

Durst ist schlimmer als Heimweh und Isolation nachhaltiger als Gewalt.

Was macht ein Mensch zum Mensch? Was macht ein Mensch zum Tier?

Ich schreie in die Masse, doch den Hilferuf nimmt keiner wahr. Ich begegne Blicken, die mich durchdringen, als sei ich unsichtbar. Organisch betrachtet erfreue ich mich – nach eigenem Ermessen – an bester Gesundheit, während ich mich andererseits doch wie hirntot fühle, so als hätte die Seele ihren Ruheplatz, ihren sicheren Hafen, der sich einst aus Geborgenheit, Fürsorge und Achtung manifestierte, verloren.

Was geblieben ist? Die Trümmer eines einst in Harmonie gelebten Ganzen, die nun in tausend Teile zerfetzt auf den salzigen Wogen des Meeres schwimmen, zumindest die Fragmente, die noch nicht in die endlose Tiefe entschwanden. Wenn ich nicht wüsste, dass dort zuvor etwas Ganzes stand, etwas, das als eingespieltes, einträchtiges Team eine Einheit bildete, könnte ich nicht ansatzweise erahnen, dass diese Splitter jemals zueinander gehörten.

Ab wann macht ein Abschalten der Maschinen Sinn?

Ich brauche die Hand nur auszustrecken, um mich an den feinsten Speisen zu laben. Ein Griff und der Gaumen fände lukullische Erquickung von den Tellern, die mit appetitlichen Delikatessen meine kulinarische Sinne umschmeicheln. Ich sehe, rieche und atme schmackhafte Köstlichkeiten, die mich – am reich gedeckten Tisch – aber doch nur verhungern lassen, egal wie groß die Portionen auch sein mögen.

Manchmal habe ich das Gefühl, ich gleiche einer Pfütze, einer künstlich geschaffenen Lache, in die ein einzelner, aber steter Wassertropfen perlt. Ein kleines, zuweilen nervendes, ja pochendes Etwas, dem die Aufgabe zugrunde liegt, alle Weltmeere dieser Erde zu füllen, kurzum ein nahezu aussichtsloses Unterfangen für diese begrenzte Möglichkeit meiner Lebensphase.

Irgendwie ist es einfach nie genug.

Zu keinem Zeitpunkt.

Nie!

 

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