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einsam & verlassen

Ist es nicht logisch, dass man in einer Beziehung zu gefallen und seinem Partner - in dem Maße, dass es für beide Beteiligten genehm ist - gerecht zu werden versucht?

Ich habe das Gefühl, dass ich mich, je mehr ich mich um dieses Ziel bemühe, immer weiter davon entferne, weil ich meinen eigenen Erwartungen nicht gerecht werden kann. Ich fühle mich von mir selbst in die Enge getrieben. Ich kenne den gesunden Grad der Abgrenzung nicht mehr. Wo ist die Grenze zur Selbstaufgabe, wo die des Unterwerfens, ab wann beginnt Egozentrik? Ich will weder das eine noch das andere, möchte stattdessen ein WIR, in dem sich beide wohlfühlen.

Ich kann mich nicht selbst bekämpfen und doch scheint es so zu sein, als dass ich selbst mein ärgster Feind bin. In der Annahme, ungenügend zu sein (und diese ist berechtigt, weil es bestätigterweise ein gravierendes Manko in der Beziehung gibt) drängen mich meine eigenen Erwartungen, die ich an eine aufmerksame und liebenswerte Partnerin stelle, die zudem nicht verlassen werden will, wie ein gefräßiges Monster in die Ecke, in der ich nun wie ein scheues und unbeholfenes Reh - meinem eigenen Verderben ausgeliefert - vor Angst erstarrt sitze.

Je mehr ich will, desto weniger kann ich, aber ich kann nicht aufhören zu wollen, weil ich befürchte, verlassen oder betrogen zu werden. Die Gefahr ist nicht ersonnen, eher realistisch, wenn ich ihr die Bedeutsamkeit und Tragweite des Mankos zu Grunde lege.

Gestern hat Simply Red in Heilbronn gespielt. Eine Band, die ich mir schon seit Jahren live anhören wollte. Karten hätte es zwar auch gegeben, allein die Zeit fehlte, denn statt dass ich mir das Wochenende zur Erholung gönne, sitze ich gestern 15 Stunden im Verlag, um die einzig ungestörte Zeit zu nutzen, so wie auch heute. Unter der Woche ist der mich umgebende Geräuschpegel meist so hoch, dass ich mich nicht konzentrieren kann, ich mich gezwungen sehe, mit zugehobenen Ohren und laut vor mich hinlesend dazusitzen, was letztendlich aber auch nicht zu mehr führt als verzweifelte Tränen darüber, dass ich meist sinnlos Zeit vergeude, weil diese Tatsache mein Vorankommen qualitativ entweder sehr beeinträchtigt oder sich zeitlich betrachtet sehr hinauszögert, was bedingt, dass ich am Wochenende die Sachen nachhole, dann, wenn alle weg sind und einzig Stille mit mir den Raum teilt.

Erneut umhüllt mich der Schatten der wiederkehrenden Nacht, der einzig in trauter Zweisamkeit seinen Schrecken verlieren könnte und unter dieser Prämisse darüber hinaus ein seliges Entgleiten in andere Sphären des liebevollen Miteinanders in sich trägt. Jene Zweisamkeit, die aber nicht gegeben ist.

Nicht heute, nicht morgen, nicht übermorgen, frühestens am Freitag, wobei mir aufgefallen ist, dass ich diesbezüglich (sehr wahrscheinlich) eine unstillbare Sehnsucht in mir trage, nämlich die, mich – befreit von jeglicher Verantwortung - ganz im Partner aufzulösen, ummantelt zu sein von einer Umarmung, die mich beschützt und nicht mehr loslässt, in der ich mich fallen lassen kann, weil ich weiß, dass ich, wenn ich die Augen wieder öffne, immer noch behütet bin.

Meine Wirklichkeit nehme ich jedoch anders, unerfüllter wahr (sie scheitert wohl an meinen zu hohen Ansprüchen), weshalb ich - der Glorifizierung eines Wohlgefühls wegen – mir meine kleine, idealisierte Welt meistens erträume, bevor mich ab und zu mal tatsächlich diese eine spezielle Umarmung real ins Traumland switchen lässt.

Irgendwie zerbricht gerade mein Leben und es ist keiner da, der die Scherben kittet. Ich fühle mich nicht mehr als Einheit, nur noch als Fragment eines einst gewesenen Ganzen, dessen Bruchstücke mir manchmal wie Schatten begegnen, obwohl sie mir inzwischen schon wie Fremdkörper erscheinen.

Eben habe ich erfahren, dass mein Opa seit gestern Nacht im Krankenhaus liegt - in der Intensivstation! Hätte der Zufall nicht mitgespielt, dass Wochenende ist und mein Onkel bei ihm gewesen wäre, wäre er sicherlich gestorben. Ich bin einfach nur sprachlos und innerlich gelähmt bei all dem, was gerade passiert.

Hat nicht jemand noch einen Wunsch von einer in dieser Nacht gesehen Sternschnuppe frei, mit dem ich meinen Opa genesen lassen kann? Ich schaffe es noch nicht einmal, ihn zu besuchen, weil die einzige Zeit, in der ich mit Ruhe arbeiten kann muss, das Wochenende ist. Eine Tatsache, die inzwischen auch schon an der Substanz meiner Beziehung nagt.

Was habe ich vom Leben noch zu erwarten?

Ich bin geladen, muss mich echt zusammenreißen, um nicht etwas Unkontrolliertes zu tun. Was für ein bekotzter, verständnisloser, ja chaotischer und unproduktiver Tag. Wieso hört niemand mit dem Herzen? Wieso prallt Gesagtes wie ein zielorientiert geschossener Ball am Torpfosten einfach ab?

Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott, heißt es im Volksmund. Ich kann mir aber nicht selbst helfen. Ich kann ein bisschen leben, ja überleben, zumindest physisch, ansonsten fehlt mir die Zuversicht und der Glaube. Ich funktioniere, nehme zeitgleich aber meine Umwelt wahr, sehe Entwicklungen, die sich in meinem Umfeld ereignen, während mein Leben stagniert, auch wenn sich vielleicht an den äußeren Umständen ganz gelegentlich etwas ändert, wie der Umzug im März und derzeit gerade im Büro. Ich bin es so leid in eine gefühlte Leere zu reden und mich mit Menschen auszutauschen, die zwar wahrnehmen, dass etwas im Argen ist, die Gründe dafür auch erfahren möchten, aber dann, nachdem diese Neugierde gestillt ist, nicht mit an einer Lösung arbeiten und mich einfach im Regen meiner eigenen Angst und Hilflosigkeit stehen lassen.

Wer ermisst das Leid eines anderen? Wer ermisst die Tiefe an einem gefühlten Schmerz, der bei einem selbst – erführe man ihn in äquivalenter Weise - möglicherweise nur ein winziges Zucken verursachen würde? Wer maßt sich an, Gefühle eines anderen an der eigenen Wahrnehmungsskala auszuloten? Wozu sind wir Individuen, wenn wir doch nur über einen Kamm geschert werden?

Ich wusste ja, dass es mir irgendwann bevorsteht, gleichwohl ich um jeden Aufschub, der sich seit Mai immer weiter nach hinten verzögerte, dankbar war, weil ich diese Veränderung nicht wollte. Heute habe ich schließlich erfahren, dass ich entweder diese, spätestens nächste Woche in ein anderes – und dazu noch Großraum – Büro komme. Es befindet sich zwar auf der gleichen Etage wie die, auf der ich jetzt arbeite, doch ich verlasse mein vertrautes Umfeld, was mich ziemlich belastet. Klar wird es irgendwie weitergehen, wie es ja immer weitergeht, wenn sich etwas ereignet – angefangen vom Verlust eines Menschen bis hin zu einem lächerlichen Umzug in ein anderes Büro.

Es gibt im Leben selten Instanzen, die Fragen, ob einem das, was einem widerfährt, genehm ist. Man hat sich zu arrangieren. That’s it. Und so werde auch ich mich arrangieren müssen, genauso wie mit der Aussage, dass ich jetzt schlafen kann, mit wem ich möchte, da mein Liebster meint, mir nicht das geben zu können, was ich brauche, gleichwohl ich das selbst nicht weiß, er scheinbar aber auch nicht die Kraft, den Mut, die Zuversicht oder gar Liebe besitzt, das mit mir gemeinsam zu eruieren.

Ich kann mich nur wiederholen, finde die passenden Worte zum Gefühl nicht. Es ist, als ob einer Flasche Mineralwasser, die rein äußerlich mit ihrer tadellos erfrischenden Fassade glänzt, die Kohlensäure entwichen ist, dem Kleeblatt das glücksbringende vierte Blatt entrissen oder dem Tausendfüßler ein Bein gestellt wurde, wodurch er in ein Boden verlierendes Straucheln gerät, das ihn schmerzlich und Mut auf Dauer entziehend stürzen lässt.

So wie sich Wasser durch alle Unzulänglichkeiten einen fließenden Weg sucht, sucht sich meine Schwermut einen in mein Bewusstsein. Was anfänglich einem kleinen Trampelpfad durch unwegsames Gelände glich, hat sich über die vergangenen Wochen, ja vielleicht auch Monate zu einem unverkennbaren Weg gezeichnet. Die Selbstwert minimierenden und ungeliebt gefühlten Gedanken sind diese Route in jüngster Vergangenheit so oft gelaufen, dass inzwischen an dieser Stelle das einst satte Gras dem blanken Braun des nackten Bodens gewichen ist.

Ein untrügliches Gefühl flüstert mir sogar etwas von Asphaltierung ins Ohr, um diesen Weg der Melancholie noch besser begehbar zu machen. Vielleicht hat sich der Blickwinkel meiner Wahrnehmung verändert, aber fast sämtliche kürzlich gemachten Erfahrungen scheinen mir wie Werkzeuge, die diese künstliche Wegdecke aufzulegen bereit sind, während die Richtungsweiser zum Glück ihre Orientierung verloren haben.

Wohin mit all der Trauer, die durchs fade Mondlicht blitzt? Wohin mit all den Kümmernissen, die mich mit ihrer bleiernen Schwere um meine Leichtigkeit berauben?

Ich suche uns, und fühl’ uns nicht.

Oh selges Heil, wer Worten Glauben schenkt; allein ich wünscht die Gabe zu besitzen, um der Lasten Bürde auf ewig Adieu zu sagen. Auf Nimmerwiedersehen, ihr zweifelnden Gedanken, die fließendem Wasser gleich immer wieder einen Weg in mein Bewusstsein finden.

Ich suche, suche und suche, doch in jeder Nische finde ich nur Tränen, die einen Ausgang suchen. Wo sind wir?

Die schlimmste Armut ist die Einsamkeit, doch selbst davon haben wir in unserer Überflussgesellschaft genug davon. Ich übrigens auch – in doppelter Hinsicht. Einerseits in der Erfahrung als solcher in meiner mich umgebenden Umwelt, andererseits, weil ich es nicht mehr zu ertragen bereit bin und innerlich allmählich immer weiter immigriere, um in den Tiefen meines Ichs einen Zufluchtsort zu suchen. Jenen Ort, dessen Hecken zur Außenwelt immer weiter zuwuchern ...

Inzwischen prallt das Desinteresse an mir schon ab wie nasser Regen, der auf eine gewachste Oberfläche perlt. Ja, mittlerweile habe ich auch aufgehört daran zu glauben, dass ein tiefer gehendes Interesse - außer jenem an einer glanzvollen Fassade – existiert. Es gibt einen fatalen Unterschied zwischen dem Bekunden von Interesse und jenes auch zu leben, also umzusetzen, in dem man Zeit, Muße und Geduld für jemanden aufbringt, der einem das auch Wert ist, wobei Zeit in diesem Belang wohl mit die kostbarste Komponente ist, die es für ein soziales Wir zu „opfern“ gilt, was mir aus eigener Erfahrung nur allzu bekannt ist.

Muße durchdringt das Kontinuum Zeit gleichermaßen, allerdings auf anderer Ebene. Ich würde sie als die Eigenzeit der Freizeit bezeichnen, in der man sich einem Menschen oder einem Thema widmet und zuwendet und jenem mit Freude Aufmerksamkeit schenkt, kurzum, etwas, worauf man selbst Einfluss hat oder besser, etwas, das man – unabhängig aller Pflichten und Erwartungen - selbst entscheiden kann, weil Muße ohne Zwang gedeiht und willentlich nicht zu erzeugen ist, zumindest nicht meinem Verständnis gemäß.

Geduld hingegen ist eine Tugend. Geduldig ist, wer Schwierigkeiten und Leiden mit Gelassenheit und Standhaftigkeit erträgt, zudem die Fähigkeit besitzt, warten zu können, um seinem Gegenüber – und da sind wir wieder beim Thema Zeit – eben genau jenes Zeitmaß zu schenken, das es braucht, um selbst ein Gefühl von Sicherheit und Vertrauen aufbauen zu können. Und selbst wenn jenes erblüht, benötigt es immer wieder Licht und Wasser im Sinne von Umsicht und Fürsorge, um nicht auszutrocknen oder einzugehen.

Grau ist alle Theorie, bunt die ersonnene Idee, die im armen Deutschland jedoch meist nur vor verbrauchten und leeren Farbkästen steht.

Gerade jetzt frage ich mich, wie sich abgrundtiefer Hass, der sich in einer Etikette des Anstands versteckt, wohl anfühlen mag? Nein, ich bilde mir das nicht ein. Ich habe das in den Augen gesehen, die das Weite suchten, wenn sie meinen Blick trafen.
Mit einem Mal entwich mir vor Entsetzen alle Fröhlichkeit, so als öffne man den Knoten eines Ballons, dessen Existenz sich in sekundenschnelle nahezu im Nichts auflöst, bis nur noch ein kümmerlicher Rest seiner einst statten gummierten Größe bleibt.

Wozu die gespielte Freundlichkeit? „Wenn Blicke töten könnten, ...“. Wer kennt ihn nicht, diesen entseelten Spruch? Wahrscheinlich war die Intention des Blicks – und da versuche ich jetzt mal positiv zu bleiben - nicht guillotinierend gemeint, aber er war mit seiner eiskalten Ignoranz und seiner ihm innewohnenden Würde raubender Natur definitiv gegen mich gerichtet.

Kann man einem Menschen eigentlich noch mit mehr Missachtung bestrafen?

 

twoday.net AGB

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